Die Deutschen lieben Smartphones. Bereits 71%¹ der Menschen hierzulande können sich ein Leben ohne die praktischen Handcomputer nicht mehr vorstellen. Kein Wunder also, dass jeder Bundesbürger im Schnitt 88 Mal² am Tag auf seinen rechteckigen Alleskönner schaut. Doch sind wir gleich hirnverbrannte Smombies³, nur weil sich unsere schlauen Mobiltelefone täglich 177 Minuten lang im Betriebsmodus befinden? Natürlich beherbergt unsere schöne Republik viele Social-Media-Opfer. Daneben existieren aber auch technikaffine Personen, die mit ihrem Handy produktiv arbeiten und es als Tonbandgerät, Fotoapparat oder Videokamera benutzen. In der Regel überträgt diese Ausführung des Homo technologicus sein unterwegs erstelltes Rohmaterial dann auf einen Desktop-PC, um die Multimediadateien dort weiter zu veredeln. Beim USB-Datentransfer stehen Ubuntu-Benutzer allerdings immer wieder vor Problemen, da ihr Linux-System nur unzureichend mit dem angeschlossenen Androiden kommuniziert. Dadurch lässt sich der Speicher des Endgeräts häufig nicht auslesen, was regelmäßig zu Verbindungsabbrüchen und Abstürzen⁴ führt.
Wenn ich mein Smartphone an den PC anschließe, wird das Modell auch erkannt unter der neuesten Ubuntu-Version, die Ordner werden auch angezeigt, aber deren Inhalt kann ich nicht aufrufen.
tabarka: Fotos vom Handy auf PC - Ubuntu. usp-forum.de (02/2019).
Leider verhindert⁵ Android seit Version 4.0, dass Ubuntu ein angestöpseltes Smartphone als externen Massenspeicher einhängen kann. Stattdessen möchte das linuxbasierte Handybetriebssystem die USB-Schnittstelle am liebsten über das Media Transfer Protocol ansprechen.
Durch dieses dateisystemunabhängige Netzwerkprotokoll ist es nämlich theoretisch möglich, dass Android und Ubuntu gleichzeitig auf den Speicher des Mobiltelefons zugreifen, wodurch das Smartphone während der Datenübertragung bedienbar bleibt.
MTP ermöglicht die Übertragung von Dateien zwischen Endgeräten und Computern, ohne dass das Handy die Datenpartition freigeben muss. So können PC, wie auch das Smartphone, zur selben Zeit auf die Daten zugreifen.
Zechmeister, Andre: Android und das Media Transfer Protocol. android-user.de (02/2019).
Allerdings ist das MTP ein proprietäres Softwareprodukt, das für Windows Vista entwickelt wurde, weshalb Ubuntu keine native Version dieser Datentransferschnittstelle besitzt. Stattdessen nimmt das Debian-Derivat die Programmbibliothek libmtp⁶ zur Hilfe, um mit angeschlossenen Smartphones zu kommunizieren. Dieses Modul enthält ein mangelhaftes Replikat des Microsoft-Protokolls, das nicht nur instabil, sondern auch für äußerst geringe Datentransferraten bekannt ist.
Connect the phone via USB cable, and start dragging and dropping files to and fro using the built-in file manager on the Linux side. Unfortunately, this turned out to be dog slow. Stabilising at about 1Mbyte/s, this was going to take more time than I had at my disposal.
Botha, Charl: Use ADB to bypass dog-slow MTP transfer of files from Android to Linux. vxlabs.com (02/2019).
Angesichts der schlechten MTP-Unterstützung sollten Ubuntu-Benutzer unzuverlässige USB-Kontakte meiden und via WLAN auf ihren Androiden zugreifen. Dies ist ohnehin eine zukunftsträchtige Methode, da sich Smartphoneakkus bereits mittels induktiver Energieübertragung⁷ aufladen lassen, wodurch Datenkabel bald schon ihre Daseinsberechtigung verlieren werden. Des Weiteren ist eine drahtlose Netzwerkverbindung wesentlich schneller und schont die sensible Ansteckbuchse.
Dabei ist ein zerbrochenes Display die häufigste Todesursache. Daneben führen vor allem verschlissene Ladebuchsen dazu, dass Smartphones bereits nach kurzer Zeit bestattet werden müssen.
Vetter, Veronika Helga: Ladestation für Smartphones basteln - ein praktischer Steckdosenhalter. gws2.de (02/2019).
Damit ein Smartphone mit einem Computer einen berührungslosen Informationsaustausch durchführen kann, ist jedoch immer eine Vermittlersoftware vonnöten, die auf beiden Geräten installiert sein muss. Für dieses Anwendungsgebiet eignet sich KDE Connect am besten.
Die große Besonderheit dieser kostenlosen Linux-Applikation ist, dass die digitalen Dokumente nicht über das Internet, sondern direkt⁸ und lokal auf das Zielgerät transferiert werden. Darüber hinaus setzt das Netzwerkprogramm das abhörsichere TLS-Verschlüsselungsprotokoll für die Datenübertragung ein, um die Kommunikationspartner vor Man-in-the-Middle-Angriffen zu schützen.
KDE Connect now uses TLS sockets instead of RSA private-key encryption. This is not only safer against replay and man-in-the-middle attacks, but also faster and less battery-consuming to compute on your devices.
Vaca, Alberto: KDE Connect 1.0 is here! albertvaka.wordpress.com (02/2019).
Falls Sie also Fotos, Videos oder MP3-Dateien unkompliziert und kabellos an Ihren Ubuntu-PC schicken möchten, dann sollten Sie unbedingt die Dienste von KDE Connect in Anspruch nehmen. In der folgenden Anleitung zeige ich Ihnen als Erstes, wie Sie das kleine Werkzeug auf Ihren Geräten installieren. Im Anschluss daran nehme ich einen Datenaustausch vor, damit Sie die Freeware einmal in Aktion erleben.
KDE Connect für Ubuntu
Szenario: Mein Schwippschwager und ich sind große Artistikfans. Aus diesem Grund fuhren wir vor Kurzem nach Berlin, um uns auf der Erotikmesse Venus die osteuropäischen Schwertschluckerinnen anzusehen. Am Veranstaltungsort verhielt ich mich wie die anderen Besucher und fotografierte mit meinem Smartphone alles, was mir vor die Linse kam. Wieder zu Hause wollte ich die Schnappschüsse dann gleich auf mein Ubuntu-System übertragen, damit meine Frau auf dem großen Monitor sehen kann, zu was der menschliche Körper imstande ist. Doch leider musste ich beim Auspacken feststellen, dass ich das USB-Kabel für mein Mobiltelefon im Hotelzimmer vergessen hatte, weshalb ich mir noch am selben Abend eine neue Datenstrippe bestellte. Traurigerweise wurde mir die georderte Verbindungsschnur bis heute nicht zugestellt. Dementsprechend möchte ich nun einmal versuchen, ob ich meine Reisebilder auch ohne Drahtleitung von meinem Androiden bekomme.
Also beginne ich die Operation, indem ich meine Linux-Distribution mit der Freeware Indicator KDE Connect ausstatte. Dazu öffne ich ein Terminal-Fenster und sage meinem APT-Dienst, dass er die folgende PPA in seine Datenbank aufnehmen soll:
sudo add-apt-repository ppa:webupd8team/indicator-kdeconnect
Direkt im Anschluss lasse ich alle gespeicherten Paketquellen neu einlesen:
sudo apt-get update
Als Nächstes installiere ich die funktionelle Netzwerkschnittstelle mithilfe des nachstehenden Kommandos:
sudo apt-get install indicator-kdeconnect
Hinweis: Indicator KDE Connect ist eine lebendige Software, die stetig weiterentwickelt wird. Alle Programmaktualisierungen erhalte ich zukünftig automatisch zusammen mit den anderen Ubuntu-Updates, weshalb ich mich nie wieder um das nützliche Werkzeug kümmern muss.
Android auf Datentransfer vorbereiten
Im nächsten Schritt bringe ich die schnörkellose Vermittlersoftware auf mein Smartphone. Dazu nehme ich zunächst einmal mein schickes Mobiltelefon zur Hand, sodass ich gleich darauf die WLAN-Funktion einschalten kann.
Sobald sich Android in mein Heimnetzwerk eingewählt hat, lasse ich mir das sogenannte App-Menü einblenden. Dort tippe ich dann auf das Wiedergabesymbol, das den Namen „Play Store” trägt.
- Daraufhin öffnet sich ein neues Fenster, in dem eine Suchleiste zu sehen ist. Nachdem ich dieses Feld mit meinen Fingern aktiviert habe, gebe ich über die virtuelle Tastatur den Begriff „KDE Connect” ein. Danach bestätige ich meinen Eintrag und warte, bis die angeforderte Produktseite erscheint.
Im Anschluss daran wähle ich die Schaltfläche „Installieren” an, woraufhin die Freeware in meinen mobilen Handcomputer einzieht.
Nach Abschluss des Integrationsvorgangs starte ich KDE Connect sowohl auf meinem Smartphone als auch auf meinem Ubuntu-PC. Gleich darauf kann ich feststellen, dass die beiden Geräte bereits fleißig ihre Metadaten ausgetauscht haben.
Fotos an das Linux-System schicken
Bisher stehen meine Kommunikationspartner nur oberflächlich in Kontakt. Ein Dateitransfer ist nicht möglich, da noch keine abhörsichere Verbindung aufgebaut wurde.
Um den geschützten Übertragungsweg zum Leben zu erwecken, klicke ich nun auf das Smartphone-Symbol, das sich in meiner Ubuntu-Taskleiste befindet. Daraufhin öffnet sich ein Dropdown-Menü, in diesem ich den Punkt „Verbindung anfordern” anwähle.
Unmittelbar danach klingelt mein Handy und möchte von mir wissen, wie es mit der eingehenden KDE-Connect-Anfrage umgehen soll. Aufgrund der Tatsache, dass ich diese Aktion initiiert habe, tippe ich natürlich auf die Schaltfläche „Annehmen”, woraufhin meine Apparaturen damit beginnen, eine verschlüsselte TLS-Sitzung auszuhandeln.
Nachdem die lokale Netzwerkverbindung eingerichtet wurde, steht einer Datenübertragung nichts mehr im Wege. Also navigiere ich auf meinem Smartphone in das Bilderverzeichnis.
- Direkt im Anschluss markiere ich die vorhandenen Dateien, indem ich im Dreipunkte-Menü auf den Eintrag „Alle auswählen” tippe. Daraufhin verfügt jedes Dokument über ein kleines Häkchen.
- Als Nächstes drücke ich auf das pfeilspitzenförmige Teilen-Symbol, was dazu führt, dass ein neues Fenster erscheint. Dort muss ich dann nur noch den Namen meines Desktop-PCs anstupsen, um den Upload der Fotos zu starten.
Unmittelbar danach kann ich meine Schnappschüsse im Ubuntu-Ordner „Downloads” in voller Pracht genießen.
Große Datenmengen zügig übertragen
Canonical arbeitet weiterhin fieberhaft daran den USB-Dateitransfer zwischen Android und Ubuntu zu verbessern. Doch selbst wenn Linux-Distributionen eines Tages über eine tadellose MTP-Unterstützung verfügen sollten, wird der Siegeszug des kabellosen Informationsaustausches nicht mehr aufzuhalten sein. Das Media Transfer Protocol erlaubt nämlich keine Parallelität, weshalb unter Idealbedingungen eine Übertragungsrate von maximal 35 Mbit/s möglich ist. Hingegen KDE Connect jagt die digitalen Dokumente in der Regel doppelt so schnell durch den Datenkanal, was wiederum Lebenszeit spart und den sensiblen Handyakku schont.
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¹Janko, Oliver: Das Handy als Krankmacher. Wie viel Smartphone ist zu viel des Guten? In: Handy Tricks Nr. 1 (2019). S. 64.
²Diefenbach, Sarah & Daniel Ullrich: Digitale Depression. Wie neue Medien unser Glücksempfinden verändern. München: mvg Verlag 2016.
³Hilf Mir! Jung, pleite, verzweifelt: Smombie - Mein Handy ist alles für mich! youtube.com (02/2019).
⁴ibvfteh: Can’t open photos stored on Android system from Ubuntu. askubuntu.com (02/2019).
⁵Zechmeister, Andre: Android mit Ubuntu zusammen benutzen. android-user.de (02/2019).
⁶Canonical Ltd.: libmtp package in Ubuntu. launchpad.net (02/2019).
⁷Wieloch, Jochen: Qi - Laden ohne Strippe. In: Tablet und Smartphone Nr. 1 (2019). S. 30.
⁸Thommes, Ferdinand: Brückenschlag. KDE Connect schlägt eine Brücke zwischen Mobilgeräten und dem KDE Desktop, über die sich Benachrichtigungen, Dateien und URLs austauschen lassen. In: LinuxUser Nr. 12 (2016). S. 27.
Thorsten Sauer sagt:
Grüß Gott allerseits! Frage: Funktioniert die Übertragung nur im Heimnetzwerk oder auch unterwegs? Handy zu Laptop im Hotel etc.? Ich würde mich nämlich sehr für das Programm interessieren, da die Anschlussbuchse von meinem Samsung Galaxy S8 einen Wackelkontakt hat. MfG T. Sauer
Helpdesk sagt:
Hallo Herr Sauer, um mit KDE Connect Daten zu übertragen, müssen sich die Geräte lediglich im selben Netzwerk befinden. Das kann auch das WLAN eines Hotels oder eines Kaffeehauses sein. Die Verbindung ist durch die TLS-Verschlüsselung auf jeden Fall sicher, selbst wenn Sie das Tool in der Öffentlichkeit verwenden. Danke für Ihren Kommentar und viel Erfolg!
Gerhard sagt:
Guten Tag, ich möchte hiermit Feedback geben: Hervorragende Anleitung, KDE Connect hat mir sehr geholfen. Nutze das Moto G7 (Android 9) und die USB-Übertragung mit Ubuntu 18 hat mich wirklich angekotzt.
Jetzt läuft alles wie geschmiert! Und wenn Sie als Profi sagen, dass die Geschichte sicher ist, dann vertraue ich Ihnen. Es grüßt Gerhard aus AT.
The_Iguana sagt:
Ich danke dem Ehrenmann, der diese Anleitung geschrieben hat! Huawei P20 Pro mit Ubuntu und KDE Connect läuft übertrieben gut! Der Kabelstress hat ein Ende. Bye!
Jonas Adelt sagt:
Läuft genau wie beschrieben, sehr gut! Ich bin Besitzer des LG G7 (Android 8.0) und sehr zufrieden mit KDE Connect. Zu Anfang hätte ich nicht gedacht, dass ich die Installation hinbekomme. Es verlief jedoch alles reibungslos. Kabelloser Fototransfer auf Ubuntu 18.04 geht sehr schnell und unkompliziert. Vielen Dank für die hilfreiche Anleitung.
PrinzMidas sagt:
Geil erklärt mein Bester! Windows in die Tonne getreten und auf Ubuntu 18.04 geswitcht. Nun kein Plan gehabt, wie ich Fotos von Android 9.0 auf meinen PC schubse. KDE Connect läuft perfekt. Danke Keule!
Checker sagt:
Guter Artikel! Anmerkung: Nutzer von Ubuntu 20.04 müssen die PPA hinzufügen und dann in das Menü „Anwendungen & Aktualisierungen” switchen. Dort muss dann die webupd8team-Quelle von „focal” in „bionic” geändert werden. Erst dann lässt sich KDE Connect installieren. Der Betreiber hat den Support nämlich eingestellt.
Wenn man das so macht, kann man KDE Connect trotzdem unter Ubuntu 20.04 nutzen. Auf jeden Fall habe ich gerade mein Samsung Galaxy M21 (Android 10.0) freigeräumt. Datenübertragungsrate lag bei ca. 15 Megabyte die Sekunde.
Eigentlich lohnt es sich nicht mehr, PPA-Apps vorzustellen, da bei den Entwicklern mittlerweile eine 0-Bock-Mentalität herrscht. War früher anders, heute nur noch Versager.