In der zweiten Ausgabe des Jahres 2025 behauptet das Magazin Linux User, die meisten Anwender nutzten ihren Desktop-PC lediglich zum E-Mail-Schreiben, Surfen¹ oder Musikhören. Deshalb sei ein Umstieg auf Linux Mint sinnvoll, wenn die Hardware nicht mehr für Windows 11 ausreicht. Als ob Linux-Distributionen nur für die simpelsten Aufgaben geschaffen wären - was für eine absurde Herabsetzung! Wer sich einen voll ausgestatteten Tower mit Monitor und Peripherie ins Haus holt, hat weit mehr vor: Er will in fesselnde Online-Games eintauchen, mit OBS² professionelle Livestreams produzieren, lebhafte Videochats führen, IPTV in bester Qualität genießen und selbst anspruchsvolle Druckaufträge mühelos bewältigen. Ubuntu und seine vielseitigen Varianten bieten all das - und noch viel mehr. Im Vergleich dazu ist Linux Mint kaum eine echte Alternative.
Hinweis zu diesem Leitfaden!
Dieser Artikel bildet den Auftakt einer Serie zum Kompatibilitätsmodul Proton. Er bietet einen Überblick über dessen Entwicklung und Funktionsweise, beleuchtet mögliche Einschränkungen und gibt Hardware-Empfehlungen für ein optimales Spielerlebnis unter Ubuntu. Wer direkt zur Anleitung gelangen möchte, klickt hier.
Die Zersplitterung der Linux-Landschaft stellt ohnehin ein erhebliches Problem dar. Vermutlich finanziert die Bundesregierung ähnlich viele NGOs³ wie aktiv entwickelte Linux-Distributionen existieren - circa 500!
Doch braucht wirklich jemand das Fedora-Derivat Nobara, das mit veralteter Software wie Winetricks, Lutris und vorinstallierten Nvidia-Treibermodulen⁴ versucht, PC-Spieler zu überzeugen? Das Gleiche gilt für DraugerOS und Batocera.linux. Alle mochten Windows XP und Windows 7 - dagegen ist Arch Linux zu wenig anwenderfreundlich, während Debian die Leistung moderner Desktop-PCs nicht ausschöpft.
- Zum Glück gibt es Ubuntu, dessen Varianten Kubuntu und Xubuntu am ehesten aktuellen Microsoft-Betriebssystemen ähneln.
Bereits 2013 veröffentlichte Valve Steam für Ubuntu, um Linux-Nutzern den Zugang zu Counter-Strike: Source zu ermöglichen. Kurz darauf stellte das schwedische Entwicklerstudio Paradox Interactive seinen Spielekatalog für Debian-Derivate bereit, wodurch Titel wie Europa Universalis und Cities: Skylines nativ und ohne Emulation spielbar wurden.
Im Jahr 2016 begann Valve mit der Entwicklung von Proton, einer auf Wine basierenden Kompatibilitätsschicht, die strukturierter, leistungsfähiger und nutzerfreundlicher sein sollte. Etwas mehr als zwei Jahre später wurde Proton in Steam Play integriert, wodurch sich auf Anhieb 60%⁵ aller Windows-Spiele über die Linux-Version der Vertriebsplattform ausführen ließen.
- Bereits in der Anfangsphase setzte Proton auf DXVK als Übersetzungsbibliothek, um Direct3D 9, 10 und 11 in Vulkan zu konvertieren.
- Seit 2021 unterstützt Proton auch DirectX 12, um AAA-Titel wie Forza Horizon 5 oder Kingdom Come: Deliverance II plattformübergreifend spielbar zu machen.
Damit Windows-Spiele über Steam Play unter Ubuntu reibungslos laufen, sind stets aktuelle Grafikkartentreiber erforderlich.
Bei AMD-Hardware stellt dies kein Hindernis dar, da Ubuntu-Nutzer mit jedem Kernel-Update automatisch eine aufgefrischte GPU-Firmware erhalten.
Von den aktuell 28 Millionen Kernel-Code-Zeilen entfallen 5,8 Millionen (!) auf die Treiber von AMDGPU.
Eggeling, Thorsten: Kernel-Module: Diät für AMDGPU. In: Linux Welt Nr. 1 (2025). S. 17.
Darüber hinaus hat AMD nicht nur maßgeblich zur Entwicklung von Vulkan beigetragen, sondern nutzt mit Mesa eine Open-Source-3D-Schnittstelle, die direkt in Linux integriert ist. Dies trägt dazu bei, dass Proton-Spiele auf AMD-GPUs in der Regel flüssiger laufen.
Proton-Spiele erfordern zudem mehr freien Arbeitsspeicher als unter Windows. Selbst World of Tanks, das bereits 2010 veröffentlicht wurde, belegt unter Ubuntu rund 4,5 Gigabyte RAM. Eine Investition in diese Hardware ist daher sinnvoll. Generell sollte ein modernes Gaming-System über mindestens 16 Gigabyte RAM verfügen.
WoT unter Ubuntu
Seit dem Release des Steam Decks 2022 kommen immer mehr Games mit nativer Linux-Unterstützung - kein Wunder, schließlich basiert SteamOS auf Arch Linux. Dank Proton laufen mittlerweile zwischen 3000 und 4000 Titel unter Ubuntu, und trotzdem kriegen wir ständig Anfragen, ob wir nicht mehr über Linux-Gaming schreiben könnten. Wie kann das sein? Tja, bis hierhin kostet alles Geld. Wer hauptsächlich auf Raubkopien oder kostenlose Live-Service-Games wie World of Tanks setzt, kann zwar unter Ubuntu zocken - braucht aber eine Windows-Partition, um den ganzen Verwaltungskram zu erledigen.
Das muss aber nichts Schlechtes sein. Wie auf dem Bild zu sehen ist, kostete Windows 11 Professional im März 2025 bei MediaMarkt satte 214,99 Euro. Es wäre also reichlich dumm, ein derart hochwertiges Betriebssystem nach nur drei bis fünf Jahren in die Tonne zu treten - nur weil Fachzeitschriften für Panikmache⁶ bezahlt werden und ihre Leser in die nächste Version drängen wollen.
- Wer zum Beispiel noch eine Windows-10-Partition hat, kann diese problemlos weiter als Verwaltungsstation für World of Tanks nutzen, während die eigentlichen Panzerschlachten über eine allzeit sichere Ubuntu-Version laufen.
Ganz ohne Microsoft geht es nicht, denn Proton kann den Wargaming-Launcher nicht starten - aktuelle Spieldateien gibt es also weiterhin nur über Windows.
Obwohl das Spiel selbst unter Ubuntu mit Proton startet, bleibt der Launcher funktionsunfähig. Dies könnte an Anti-Cheat-Mechanismen⁷ oder der Abhängigkeit von Windows-exklusiven Bibliotheken liegen.
- Der Updater sollte daher stets im Standardpfad verbleiben.
- Hingegen der Spielordner „World_of_Tanks_EU” ist frei beweglich. In unserem Fall haben wir ihn auf eine NVMe-SSD ausgelagert, die zuvor unter Windows mit dem NTFS-Dateisystem formatiert wurde.
Unter Ubuntu ist es dann wichtig, dass der Spieldatenträger eingehängt und die APT-Version von Steam vorhanden ist:
sudo apt install steam -y
Im Bibliothek-Reiter von Steam muss World of Tanks manuell eingegliedert werden. Dies geschieht über den Menüpunkt „Spiel hinzufügen“. Ein Linksklick auf „Steam-fremdes Spiel hinzufügen“ öffnet ein Fenster, das installierte Programme unter Ubuntu anzeigt. Da wir das MMOG jedoch auf einem separaten NTFS-Datenträger gespeichert haben, wählen wir den Pfad dort hin einmalig über die „Durchsuchen“-Schaltfläche gezielt aus.
Nachdem die „WorldOfTanks.exe“ in dem Ordner „World_of_Tanks_EU“ gefunden und in Steam hinzugefügt wurde, erscheint sie links im Bibliothek-Menü. Abschließend muss diese Verknüpfung per Rechtsklick angewählt werden, um ein weiteres Optionsmenü zu öffnen. Dort ist es im Reiter „Kompatibilität“ nun unabdinglich, den blauen Haken bei „Die Verwendung eines bestimmten Kompatibilitätswerkzeugs für Steam Play erzwingen“ zu setzen und darunter „Proton Experimental“ auszuwählen.
Hinweis: Es ist empfehlenswert, einem externen Steam-Spiel die neueste Proton-Version zuzuweisen, um maximale Kompatibilität und Performance zu gewährleisten. Nach dieser einmaligen Einrichtung kann World of Tanks künftig bequem über die grüne „Spielen“-Schaltfläche gestartet werden - stets vorausgesetzt, der NTFS-Datenträger wurde vorher in Ubuntu eingehängt.
Die Frameraten unter Ubuntu sind genauso hoch wie unter Windows. Im Vollbildmodus lässt sich also kaum unterscheiden, auf welchem System World of Tanks gerade läuft. Das beliebte Panzerspiel ist mittlerweile so alt, dass selbst ein Update der Mesa-Pakete keine spürbaren Verbesserungen mehr bringt.
Allerdings fällt unter Linux eine geringere Pingzeit auf - möglicherweise, weil Windows-Telemetrie im Hintergrund Bandbreite beansprucht. Wer keine Lust mehr hat, ein teures Microsoft-System zu kaufen, aber World of Tanks weiterhin in gewohnter Qualität genießen möchte, findet in Ubuntu eine solide Alternative. Was ist also nötig?
- World of Tanks setzt offiziell Windows 10 voraus. Allerdings muss das Betriebssystem nicht gewartet oder aktiv genutzt werden - es dient lediglich dazu, neue Spieldateien über den Wargaming-Launcher herunterzuladen.
- Der Spielordner „World_of_Tanks_EU“ sollte idealerweise auf einer separaten NTFS-Partition gespeichert werden. Diese lässt sich unter Ubuntu leichter einhängen und verwalten, was den Zugriff auf die Spieldaten vereinfacht.
- Für Spieler ist die Variante Kubuntu besonders empfehlenswert, da es optisch Windows am nächsten kommt und gleichzeitig eine hohe Anpassbarkeit bietet.
- Ein kostenloses Steam-Konto, um das Spiel bequem unter Linux zu starten.
Falls noch Fragen offen sind, einfach die Kommentarfunktion nutzen! Und für alle Zweifler: Die folgenden Screenshots aus World of Tanks im Kubuntu-Fenstermodus beweisen eindeutig, dass der Luchs der beste leichte Panzer im Spiel ist. #1 /#2 /#3.
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Einen Fernsehsender managen - TVTower für Ubuntu
Linux-Streams auf Twitch - OBS mit Webcam einrichten
¹Loschwitz, Martin: Ältere Hardware mit Linux Mint weiternutzen. Schon altes Eisen? In: Linux User Nr. 2 (2025). S. 80.
²Vetter, Veronika Helga: Ubuntu: Facecam für OBS einrichten - bessere Twitch-Streams. pinguin.gws2.de (03/2025).
³Merz, Friedrich & Alexander Dobrindt: Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen. bundestag.de (PDF) (03/2025).
⁴Bärwaldt, Eric: Nobara: Linux als Plattform für Spiele. In: Linux User Nr. 3 (2025). S. 14.
⁵Langner, Christoph: Unter Dampf: Steams Wine-Fork Proton im Kurztest. In: Linux User Nr. 2 (2019). S. 75.
⁶Vahldiek, Axel: Die Lunte brennt. Das letzte Support-Jahr für Windows 10: Auswirkungen und Auswege. In: c’t Nr. 22 (2024). S. 19.
⁷Dubowy, Liane M.: Läuft einfach. Windows-Spiele unter Linux mit Proton. In: c’t Nr. 8 (2021). S. 164.