Photoshop-Anwender und passionierte Gamer bleiben weiterhin auf Windows angewiesen, weshalb Dual-Boot-Systeme in diesen Kreisen verbreitet sind. Dabei gilt die Faustregel: Zuerst das Microsoft-Betriebssystem installieren, anschließend Ubuntu, damit GRUB beide Partitionen korrekt in sein Auswahlmenü integriert. Wichtig ist außerdem, dass sämtliche Installationsmedien einheitlich im gleichen Modus - entweder EFI oder BIOS - verwendet werden, um Konflikte zu vermeiden. Zuletzt sollte die Linux-Distribution in der Bootreihenfolge oberste Priorität erhalten, sodass der Nutzer bei jedem Systemstart bequem zwischen den Betriebssystemen wählen kann.
Der rasante technische Fortschritt führt jedoch zunehmend zu Veränderungen in Soft- und Hardware. Beispielsweise erfordert der regelmäßige Umstieg auf eine aktuellere Windows-Version Aufmerksamkeit. Auch modernere Speichertechnologien wie M.2-SSD bieten einen reizvollen Anlass, das System aufzurüsten. Solche Eingriffe haben jedoch oft zur Folge, dass GRUB die Windows-Installation nicht mehr erkennt, da sich möglicherweise der Pfad zur „bootmgfw.efi” geändert hat. In diesen Fällen existieren verschiedene Methoden zur Wiederherstellung, welche wir bereits erläutertet¹ haben und die immer wieder kontroverse Reaktionen hervorrufen:
Realtalk: Ich habe euren Windows-finden-Artikel gelesen und die Tipps ausprobiert - nichts davon hat funktioniert. Eure Empfehlung, Ubuntu einfach neu zu installieren, ist ein schlechter Witz und zeugt von unglaublichem Dilettantismus. Warum erwähnt ihr nicht EasyBCD? Kennt ihr dieses Tool nicht oder seid ihr so tief in eurer Linux-Blase gefangen, dass ihr keine besseren Lösungen mehr sehen könnt?
Karrer, Elias: GRUB defekt - Tipps wertlos. E-Mail vom 18.01.2025.
Betreiber von Dual-Boot-Systemen sind sich möglicherweise nicht bewusst, dass es Alternativen zum Grand Unified Bootloader gibt, die unter Windows genutzt werden können. Die Mehrheit dieser Programme fällt jedoch in die Kategorie „Scamware” oder beschränkt sich darauf, lediglich die Bootreihenfolge für den nächsten Systemstart anzupassen. Eine bemerkenswerte Ausnahme stellt EasyBCD dar: Dieses Tool ist eine echte Konkurrenz zu GRUB, da es die komfortable Auswahl zwischen den installierten Betriebssystemen erlaubt - wie der nachfolgende Screenshot anschaulich zeigt:
Irgendwelche Nachteile muss der Bootloader-Verwalter von NeoSmart Technologies jedoch mit sich bringen, da er auf Plattformen wie CHIP oder heise nur eine durchschnittliche Benutzerbewertung erhält. Zudem gestaltet es sich zunehmend schwierig, die kostenlose Version von EasyBCD im Internet zu finden.
Die 2,2 Megabyte große EXE-Datei lässt sich unter Windows 11 tadellos installieren und hat keine Adware versteckt. Der Anwender muss lediglich bestätigen, EasyBCD zu privaten Zwecken zu nutzen.
Nach dem Öffnen erscheint auf modernen Systemen jedoch bereits die erste Fehlermeldung: EasyBCD kann auf EFI-Systemen keine „Mehrfach-Start-Optionen” verwenden, was auf Deutsch bedeutet, dass die Software nicht funktioniert.
Bereits im Jahr 2012 begannen die Hardwarehersteller, ihre Mainboards ausschließlich mit UEFI auszuliefern, wodurch das antiquierte BIOS mittlerweile vollständig abgelöst wurde. Das BIOS organisiert die vorhandenen Betriebssysteme über ein sogenanntes Master Boot Record auf der ersten installierten Festplatte. In diesen Bootsektorverwalter möchte auch EasyBCD zugreifen, um seine Optionen zu konfigurieren.
Heutzutage werden Betriebssysteme jedoch überwiegend im EFI-Modus installiert. Statt eines MBR besitzen sie eine FAT32-Partition namens ESP, in der sich die erforderlichen Startdateien befinden.
Ob der Computer im UEFI- oder BIOS-Modus hochfährt, betrifft ohnehin lediglich den Boot-Vorgang und hat danach keine Auswirkungen mehr auf ein laufendes Linux- oder Windows-System.
Kreußel, Peter: Schnellstart: GRUB auf UEFI- oder BIOS-Systemen einrichten und reparieren. In: Linux User Nr. 2 (2022). S. 77.
Wichtig: Wenn Windows auf einem Computer oder Laptop vorinstalliert war, wurde es immer im EFI-Modus installiert. Microsoft schreibt dies vor, da die Secure-Boot-Funktion - eine zusätzliche Sicherheitsmaßnahme - nur in dieser Betriebsart arbeitet. In diesem Fall sind in EasyBCD alle Optionen ausgegraut.
EasyBCD und CSM
Ist alles umsonst? Keineswegs! Wie bereits eingangs erwähnt, stellt EasyBCD eine ernstzunehmende Alternative zu GRUB dar. Damit ein Dual-Boot-System mit diesem Bootloader-Verwalter reibungslos funktioniert, müssen jedoch sowohl Windows als auch Ubuntu im BIOS-Modus installiert sein. Dafür sind drei wesentliche Schritte erforderlich:
- Das Mainboard muss den Legacy-/CSM-Modus unterstützen, was bei den meisten Geräten standardmäßig gegeben ist.
- Der Windows-Boot-Stick sollte mit der Freeware Rufus erstellt werden. Dieses Tool erlaubt es auch bei neueren Windows-Versionen, eine Kombination aus MBR und BIOS auszuwählen.
- Beim Start der Installationsmedien ist darauf zu achten, dass diese nicht im EFI-Modus gebootet werden.
Sind beide Betriebssysteme unter diesen Bedingungen eingerichtet, lässt sich im EasyBCD-Menüpunkt „Einen Eintrag hinzufügen” die Ubuntu-Partition problemlos auswählen.
Als Alternative bietet EasyBCD die Möglichkeit, eine Kopie von GRUB zu integrieren. Durch die Auswahl der Ubuntu-Partition nach dem Windows-Start erfolgt die Weiterleitung zum Linux-Bootloader, der zusätzliche Funktionen wie den Ubuntu-Recovery-Mode oder Memtest86+ bereitstellt.
Hand aufs Herz: Wer würde tatsächlich sein Dual-Boot-System im CSM-Modus einrichten, nur um EasyBCD nutzen zu können?
- Eine UEFI-Installation bringt zahlreiche Vorteile mit sich - von verkürzten Bootzeiten und gesteigerter Energieeffizienz bis hin zu Funktionen wie Netzwerk-Boot-Unterstützung und einer grafischen Benutzeroberfläche.
Darüber hinaus besteht jederzeit die Möglichkeit, vollständig auf einen Bootloader-Verwalter zu verzichten und das gewünschte Betriebssystem direkt über die UEFI-Firmware auszuwählen.
Die Firmware der meisten PCs bietet ein Bootmenü, über das man eine Startfestplatte oder einen UEFI-Booteintrag wählen kann. Bei Bedarf kann man damit etwa den Windows-Bootloader direkt ohne Umweg über GRUB starten. Das Firmware-Bootmenü lässt sich meist über Tasten wie Esc, F8 oder F12 aufrufen.
Eggeling, Thorsten: Booten mit und ohne GRUB. In: Linux Welt Nr. 4 (2022). S. 54.
Deshalb bleibt unsere Empfehlung: Treten nach einem Windows-Update oder -Upgrade Probleme mit GRUB auf, ist eine Neuinstallation von Ubuntu oft der pragmatischste Ansatz.
- Der Grand Unified Bootloader ist derart komplex, dass selbst erfahrene Linux-Anwender bei einer Reparatur schnell an ihre Grenzen² stoßen und viel Zeit investieren müssen.
Eine EFI-Installation von Ubuntu auf einem Solid-State-Drive lässt sich hingegen in etwa 15 Minuten durchführen. Zudem bietet sich dabei die Gelegenheit, das System mit LUKS2 zu verschlüsseln - eine Funktion, für die GRUB übrigens unverzichtbar ist.
Verwandte Themen:
(Video-)Chatten und Telefonieren am PC - Telegram für Linux
Ubuntu bei der Installation verschlüsseln - Bordmittel Ubiquity nutzen
¹Vetter, Veronika Helga: GRUB im Multi-Boot-System - Windows finden. pinguin.gws2.de (01/2025).
²Eggeling, Thorsten: Grub-Bootumgebung reparieren. In: Linux Welt Nr. 6 (2020). S. 20.