Die Deutschen schauen sich Filme und Serien immer noch am liebsten auf DVD an. Denn obwohl es mit Video-on-Demand und Blu-ray Discs längst überlegene audiovisuelle Medien gibt, generierte die klassische Video-DVD hierzulande im Jahre 2017¹ wieder einmal den meisten Umsatz. Das liegt womöglich daran, dass mittlerweile selbst preiswerte Abspielgeräte das sogenannte „HD-Upscaling” anbieten. Dadurch kann das nicht mehr zeitgemäße SD-Bild von einer Standard-DVD verlustfrei² mit einer Auflösung von 1920 x 1080 Pixeln auf einem HD-Fernseher dargestellt werden. Doch der technische Fortschritt lässt sich nicht ewig aufhalten. Aus diesem Grund müssen die Bundesbürger auch immer häufiger improvisieren, wenn sie ihre geliebten Silberscheiben außerhalb ihres Heimkinos genießen möchten.
Hallo Leute! In den Osterferien betreue ich zehn Tage eine Jugendfreizeit. Wir sind dieses Jahr leider in einem Haus, in dem es weder TV noch WLAN gibt. [...] Damit mir am Abend in meinem Zimmer nicht so langweilig ist, wollte ich ein paar DVDs aus meiner Sammlung mitnehmen. Problem: Mein Netbook und mein Tablet-PC haben kein DVD-Laufwerk. Ich könnte die Filme aber am Desktop-PC meines Vaters rippen. Da läuft allerdings Ubuntu 16.04 drauf und wir wissen beide nicht, wie das bei diesem Betriebssystem geht. Was müsste ich also tun, um eine Video-DVD so umzuwandeln, dass ich sie von einem USB-Stick auf meinem Surface 3 mit der VLC Media Player Windows 10 App anschauen kann?
Dollichon, Tobias: Noobie-Frage: Wie rippe ich eine DVD unter Ubuntu? E-Mail vom 17.02.2018.
Auf einer klassischen Video-DVD befinden sich verschiedene Verzeichnisse, in denen unter anderem Kapitelmenüs und Untertitel enthalten sind. Außerdem verstecken sich in den einzelnen Ordnern natürlich auch Audio- und Videodateien, die wiederum mit dem MPEG-2-Standard komprimiert wurden. Um diese vielen Elemente von einer Film-DVD kompakt und verlustfrei auf einer Festplatte zu speichern, ist zunächst einmal ein leistungsstarker Container vonnöten.
Im Bereich Video bezeichnet man als Container ein Dateiformat, das verschiedenartige Datenformate enthalten kann.
Schwarz, Manfred & Sven Vogel: Video. Schneiden, aufwerten und im Heimkino genießen. München: Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG 2011.
Zum Rippen von DVDs wird in der Regel das lizenzfreie Matroska-Containerformat verwendet. Dieser digitale Behälter kann nämlich nicht nur Video- und Audiospuren beheimaten. Vielmehr unterstützt Matroska im Gegensatz zum MP4-Format alle zeitgemäßen Codecs und erlaubt zudem die Erstellung von Menüs und Kapiteln.
Hinzukommt, dass dieser smarte Container auch mit anderen gängigen Betriebssystemen kompatibel ist. Selbst Apple-Nutzer können MKV-Dateien dank des VLC Media Players starten.
HandBrake unter Ubuntu installieren
Linux-Distributionen benötigen einen Videokonverter, um eine Film-DVD in das Matroska-Format umwandeln zu können. Hierfür eignet sich die Freeware HandBrake am besten, die bereits seit dem Jahre 2003 regelmäßig mit Updates versorgt wird. Die stabile Applikation belegt unter Ubuntu lediglich 11 Megabyte Festplattenspeicher und lässt sich intuitiv über ein deutschsprachiges Menü bedienen.
Allerdings kann HandBrake von Haus aus keine verschlüsselten oder kopiergeschützten DVDs transkodieren. Damit der Videokonverter auch gesicherte optische Speichermedien rippen kann, muss Ubuntu über die freie Programmbibliothek Libdvdcss verfügen. Diese Datenpakete werden vom VideoLAN-Projekt zur Verfügung gestellt und lassen sich bequem über ein Terminal-Fenster installieren.
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sudo apt-get install libdvd-pkg
Sobald diese Aktion abgeschlossen wurde, müssen die soeben gespeicherten Datenpakete erst kompiliert und dann installiert werden. Dafür ist dieser Befehl zuständig:
sudo dpkg-reconfigure libdvd-pkg
Gleich darauf kann es nicht schaden, die Linux-Distribution neu zu starten:
sudo reboot
Szenario: Nachdem ich mein Ubuntu mit der Programmbibliothek Libdvdcss ausgerüstet hatte, möchte ich nun eine Video-DVD in das MKV-Format umwandeln, die mithilfe des Content Scrambling Systems verschlüsselt wurde. Dazu muss ich erst einmal HandBrake installieren. Also öffne ich zunächst ein neues Terminal-Fenster, sodass ich mein Betriebssystem im Anschluss daran mit der folgenden PPA ausstatten kann:
sudo add-apt-repository ppa:stebbins/handbrake-releases
Gleich darauf aktualisiere ich meine Softwarequellen:
sudo apt-get update
Zu guter Letzt starte ich die Installation von HandBrake:
sudo apt-get install handbrake
Hinweis: Dadurch, dass es sich bei der PPA direkt um die Entwicklerquelle handelt, erhalte ich in Zukunft automatisch stabile Programmaktualisierungen, die perfekt zu meiner Ubuntu-Version passen.
Video-DVD in HandBrake einfügen
Direkt nach der Installation öffne ich den Videokonverter über die grafische Benutzeroberfläche. Danach lege ich die Film-DVD in mein Laufwerk ein, die ich in das Matroska-Format umwandeln möchte. Als Nächstes muss ich HandBrake dazu anweisen, das optische Speichermedium einzulesen. Dazu klicke ich nun links oben auf den Menüpunkt „Open Source”.
Daraufhin öffnet sich ein Fenster, in dem mir die Namen der Datenträger angezeigt werden, die in meinem System verbaut sind. HandBrake will also von mir wissen, wo genau sich die Datenquelle befindet, die eingelesen werden soll. Doch leider bin ich mir nicht sicher, unter welchem Kürzel mein DVD-Laufwerk geführt wird. Also öffne ich wieder ein Terminal-Fenster und gebe im Anschluss daran den folgenden Befehl ein:
dmesg | grep -i dvd
Gleich danach kann ich feststellen, dass meine Linux-Distribution den Datenträger für optische Speichermedien sr0 getauft hat.
Nach dem Gewinn dieser Erkenntnis schließe ich das Terminal-Fenster wieder. Daraufhin kehre ich zum HandBrake-Menü zurück und wähle dort den Eintrag sr0 aus.
Sofort höre ich, wie mein DVD-Laufwerk zu arbeiten beginnt. Das ist ein gutes Zeichen, denn in diesem Moment werden die Metadaten des eingelegten Speichermediums in den Videokonverter übertragen.
MPEG-2 mit HandBrake in MKV umwandeln
Im nächsten Schritt muss ich mein Projekt konfigurieren. Dazu lege ich zunächst im Hauptmenü von HandBrake hinter dem Punkt „Datei” fest, wie mein geripptes Video am Ende heißen soll.
Im Anschluss daran klicke ich auf das Dropdown-Menü hinter „Format”, sodass ich den Matroska-Container auswählen kann. Gleich danach wechsele ich in den Reiter „Dimensions”.
In diesem HandBrake-Menü setze ich unter dem Punkt „Speichergeometrie” einen Haken bei „Optimal für Quelle”. Würde ich hier eine manuelle Auflösung eintragen, dann hätte das nämlich negative Auswirkungen auf die Videoqualität. Gleich danach navigiere ich in den Reiter „Video”.
Dort angekommen wähle ich im Dropdown-Menü hinter dem Textabschnitt „Videokodierer” den Eintrag „H.264 (x264)” aus. Denn obwohl dieser leistungsstarke Videocodec dreimal effizienter als die ursprüngliche MPEG-2-Kompression ist, bleibt die Bildqualität des Ausgangsmaterials nach der Transkodierung vollständig erhalten.
Die H.264-Videokomprimierung zählt zu den heute leistungsfähigsten Komprimierungsmethoden (hohe Qualität bei geringem Datenumfang). [...] Die Kodiereffizienz liegt beim Dreifachen von MPEG-2 (DVD-Video) und ist für HDTV (High Definition Television) ausgelegt.
Matzer, Michael & Hartwig Lohse: Dateiformate: ODF, DOCX, PSD, SMIL, WAV & Co. Einsatz und Konvertierung. Frankfurt am Main: Software & Support Verlag GmbH 2007.
- Hingegen beim Punkt „Bildwiederholungsfrequenz” entscheide ich mich wieder für „Wie Quelle”. Schließlich wurden Video-DVDs mit dem Regionalcode 2 ohnehin nur mit 25 Einzelbildern pro Sekunde gepresst.
Zu guter Letzt starte ich die Transkodierung, indem ich auf die Schaltfläche „Start Encoding” drücke. Während der Vorgang läuft, erstellt HandBrake auf meiner Home-Partition im Ordner „Videos” nach und nach eine Matroska-Filmdatei.
Faktencheck: Das leistet HandBrake unter Ubuntu
Die Dauer des Transkodierungsvorgangs hängt von der Computerleistung ab. Mit einem zeitgemäßen Desktop-PC benötigt der native Linux-Videokonverter ungefähr 30 Minuten, um eine Film-DVD in das Matroska-Format umzuwandeln.
Für die Tonspuren im Video wendet HandBrake standardmäßig das AAC-Audiodatenkompressionsverfahren an. Das ist sehr vernünftig, da dieser Codec im Vergleich zur MP3-Kompression wesentlich effizienter ist. Zudem wurde das Advanced Audio Coding vor allem für niedrige Bitraten optimiert. Dadurch haben transkodierte Videos oftmals eine bessere Tonqualität als das Quellmaterial.
AAC [...] ist eine Weiterentwicklung von MP3 und ermöglicht kleinere Dateien bei besserer Audioqualität.
Schwarz, Manfred & Sven Vogel: Video. Schneiden, aufwerten und im Heimkino genießen. München: Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG 2011.
Wie Sie sehen, ist HandBrake in Verbindung mit dem Matroska-Container die beste Option, um unter Ubuntu eine Video-DVD ohne Qualitätsverlust auf einer Festplatte zu speichern. Generell gehört der freie Videokonverter meiner Meinung nach zu den Applikationen, die auf keinem System fehlen dürfen.
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¹Rampacher, Carsten: Blu-ray Disc-Verkaufsumsatz sinkt in Deutschland um 5 Prozent. areadvd.de (03/2018).
²Baykara, Selim: Upscaling: Was ist das und wozu braucht ihr das? giga.de (03/2018).