Fachzeitschriften und Online-Foren sind sich einig: Selbst bei optimaler Konfiguration hat ein Ubuntu-Notebook auf derselben Hardware eine um 20% kürzere Akkulaufzeit¹ als mit Windows. Obwohl diese Aussage viel zu pauschal ist, wird sie seit Jahren unkritisch weiterverbreitet. Tatsächlich sind die integrierten Energieeinstellungen eines Debian-Derivats oft wenig effektiv. Bei Microsoft-Betriebssystemen stammen die Gerätetreiber in der Regel direkt vom Hardwarehersteller, wodurch Windows die einzelnen Komponenten über ACPI energieeffizient² steuern kann. Bei Ubuntu hingegen sind alle notwendigen Funktionen im Linux-Kernel integriert, dessen Bestandteile meist von unabhängigen Dritten entwickelt werden.
Für Linux-Distributionen ist der gottgleiche Kernel das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende.
Vetter, Veronika Helga: Ubuntu: Kernel in LTS-Version erneuern - sichere HWE-Alternative installieren. pinguin.gws2.de (12/2024).
Im Jahr 2021 nutzten rund 75% der Deutschen³ ein Windows-Betriebssystem, weshalb sich dieses Ungleichgewicht vermutlich auch künftig nicht ändern wird. Erfahrenere Linux-Anwender erkennen mit der Zeit, welche Hardware besser oder schlechter unterstützt wird und treffen ihre Kaufentscheidungen entsprechend. Tatsächlich gibt es Notebooks, die aufgrund fehlender Linux-Kompatibilität nur starten, wenn ACPI über GRUB deaktiviert wurde - wodurch sämtliche Energiesparmechanismen außer Kraft gesetzt werden.
Auf einigen Notebooks verhindern inkompatible Stromsparfunktionen im ACPI (Advanced Configuration and Power Interface) den Linux-Start.
Eggeling, Thorsten: Hardware & Treiber für Linux. In: Linux Welt Extra Nr. 3 (2024). S. 41.
In solchen Fällen bleibt betroffenen Laptop-Besitzern bestenfalls nur die Hoffnung auf die oben genannten 20% Akkulaufzeitverlust. Im Gegensatz dazu erreichen gezielt ausgewählte Mobilcomputer durch fein abgestimmte Konfigurationen eine Energieeffizienz, die nahezu mit Windows konkurriert.
Wer sich für den Umstieg auf eine Linux-Distribution kein neues Notebook anschaffen möchte, kann sein bestehendes Gerät relativ einfach optimieren.
- Hinsichtlich der Energieeffizienz sollte beachtet werden, dass die Displayhelligkeit sowie die CPU bzw. APU den Großteil des Strombedarfs ausmachen.
Währenddessen sich Ersteres via Bordmittel oder der Freeware Brightness Controller fortlaufend anpassen lässt, sind die Leistungszustände der Zentraleinheit vom Hersteller festgelegt.
Die Leistungsaufnahme zwischen einem maximal hellen Notebookdisplay und einem maximal abgedunkelten unterscheidet sich um drei bis vier Watt.
Apfelböck, Hermann: Die 20 häufigsten Linux-Probleme. In: Linux Welt Nr. 4 (2020). S. 93.
Natürlich verbrauchen auch Notebook-Komponenten wie USB-Anschlüsse, Bluetooth- und WLAN-Schnittstellen sowie die Festplatte Strom. Die Energieeffizienz dieser sogenannten Kleinverbraucher kann mit TLP verbessert werden. Diese Bibliothek lässt sich einfach über den folgenden Konsolenbefehl installieren. Erste Verbesserungen der Akkulaufzeit werden bereits nach einem Systemneustart⁴ sichtbar.
sudo apt install tlp
Eine stets angepasste Bildschirmhelligkeit gepaart mit TLP erhöht die Betriebsdauer des Akkus um bis zu 80 Minuten.
Laptop-Geräusche minimieren
Wenn ein Notebook nur eine rudimentäre Hardwareunterstützung durch den Linux-Kernel genießt, ist es vor allem die Kombination aus Prozessor und Grafikeinheit, die einen erhöhten Energiebedarf verursacht. Dies führt häufig auch zu einer verstärkten Geräuschentwicklung, da die übermäßige Abwärme aus dem Gehäuse abgeführt werden muss. In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, die erlaubten Leistungszustände der CPU mithilfe von TLP anzupassen. Zuvor sollte jedoch ein Überblick über die sogenannten P-States⁵ gewonnen werden, was mit dem folgenden Terminal-Kommando möglich ist:
cpupower frequency-info
Die Ausgabe des Befehls liefert einerseits die verfügbaren Taktraten, zwischen denen die CPU wechseln kann. Andererseits zeigt sie die aktiven CPU-Governors an, die es ermöglichen, die Prozessorleistung in einen spezifischen Energieverwaltungsmodus zu versetzen.
Wer von einer hohen Geräuschentwicklung seines Laptops geplagt ist, kann mit dem Editor Nano in die Konfigurationsdatei von TLP navigieren und Energiesparmodi sowohl für den Netzbetrieb als auch den Akkubetrieb aktivieren, indem die Rautezeichen vor den entsprechenden Einträgen entfernt werden:
sudo nano /etc/tlp.conf
#CPU_SCALING_GOVERNOR_ON_AC=powersave
#CPU_SCALING_GOVERNOR_ON_BAT=powersave
Die Änderungen lassen sich mit der Tastenkombination Strg + O gefolgt vom Zeilenschalter speichern. Anschließend wird der Editor mit Strg + X geschlossen. Damit die aktualisierten Einstellungen greifen, muss TLP neu gestartet werden, was mit dem folgenden Befehl geschieht:
sudo systemctl restart tlp
Akkulaufzeit maximal steigern
Ubuntu-Notebooks sind häufig zuverlässige Begleiter für Lehrer, Freiberufler, Studenten und Schüler - also für all jene, die nicht von ihren Arbeitgebern zur Nutzung des Office-365-Pakets verpflichtet werden. Diese Anwendergruppen nutzen ihre Laptops in der Regel für Büro- und Internetanwendungen und können daher die Leistung ihres Geräts problemlos reduzieren, um die Akkulaufzeit zu maximieren. Eine solche Optimierung wird in der Konfigurationsdatei von TLP vorgenommen, indem die folgenden standardmäßig auskommentierten Einträge angepasst werden:
#CPU_SCALING_MIN_FREQ_ON_AC=0
#CPU_SCALING_MAX_FREQ_ON_AC=0
#CPU_SCALING_MIN_FREQ_ON_BAT=0
#CPU_SCALING_MAX_FREQ_ON_BAT=0
Auf dem obigen Screenshot ist zu erkennen, dass die CPU des gezeigten Beispiel-Notebooks Taktraten zwischen 1000 MHz und 1,80 GHz nutzt. Um diese Leistungszustände im Batteriebetrieb zu begrenzen, könnte der entsprechende Eintrag in der TLP-Konfigurationsdatei wie folgt modifiziert werden:
#CPU_SCALING_MIN_FREQ_ON_AC=0
#CPU_SCALING_MAX_FREQ_ON_AC=0
CPU_SCALING_MIN_FREQ_ON_BAT=1000000
CPU_SCALING_MAX_FREQ_ON_BAT=1350000
Mit dieser Änderung würde der Prozessor im Akkubetrieb entweder mit 1000 MHz oder mit 1,35 GHz arbeiten, was sowohl den Energieverbrauch als auch die Abwärme spürbar reduziert.
Wer den Kühlbedarf seines Ubuntu-Notebooks insgesamt verringern möchte, kann auch die Werte für den Netzbetrieb anpassen. Dabei sollte jedoch der folgende Parameter ergänzt werden, damit die CPU je nach Bedarf dynamisch zwischen den festgelegten Taktraten wechseln kann:
CPU_GOVERNOR_ON_AC=ondemand
Um zu überprüfen, ob die Linux-Distribution die in TLP festgelegten P-Stats und Energieverwaltungseinstellungen übernommen hat, hilft erneut das nachstehende Kommando:
cpupower frequency-info
Die Konfiguration bleibt auch nach einem Systemneustart erhalten. Um die ursprünglichen Einstellungen wiederherzustellen, müssen die manuell justierten Werte durch Auskommentieren deaktiviert werden.
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¹Wolski, David: Notebooks für Linux. In: Linux Welt Nr. 2 (2019). S. 42.
²Apfelböck, Hermann: Linux-Umstieg: Fragen & Antworten. In: PC-Welt plus Nr. 10 (2024). S. 17.
³Wiegand, Dorothee: Zahlen, Daten, Fakten. Windows: Versionen, Verbreitung, Geschichte. In: c’t Nr. 22 (2021). S. 37.
⁴Eggeling, Thorsten: Strom sparen mit Linux. In: Linux Welt Nr. 2 (2019). S. 61.
⁵Rau, Thomas: CPUs: Das müssen Sie wissen. In: PC-Welt Nr. 7 (2021). S. 64.