Linux-Distributionen sind nicht die idealen Plattformen für Multimedia-Anwendungen. Diese Hypothese wird zuweilen von renommierten IT-Experten¹ aufgestellt, wenn es um die Videowiedergabe² geht. Dabei hängt die pessimistische Einschätzung natürlich mit dem Ubuntu-Bordmittel Totem zusammen, das standardmäßig weder mit DVDs³ noch mit dem H.264-Codec umgehen kann. Aber es dürfte wohl jeder Debian-Derivat-Nutzer in der Lage sein, den VLC Media Player mithilfe eines Terminal-Befehls zu installieren.
Das Konsolen-Kommando anzeigen!
sudo apt-get update && sudo apt-get install vlc
Doch allein damit ist es nicht getan, da der unixoide VideoLan Client einmalig konfiguriert werden muss. Entgegen landläufiger Meinung sind hierfür keine kurzlebigen Privatarchive⁴ vonnöten. Auch behäbige Snap-Container oder Microsoft-Pakete haben bei einer professionellen und langlebigen VLC-Kalibrierung nichts verloren. Um alle Videoformate abspielen zu können, benötigt die Wiedergabesoftware lediglich einen Zugang zu den offiziellen Ubuntu-Quellen.
Neben einem grundlegenden Motortuning sind unter Linux auch Feinjustierungen an der Peripherie vonnöten, um dauerhaft in den Genuss eines absturzfreien VLC Media Players zu kommen. Dementsprechend löst der folgende Leitfaden diverse Probleme, die bei der Filmvorführung immer wieder auftreten.
Codecsammlung installieren
Kommerzielle Video-DVDs abspielen
Film-Dateien immer mit dem VLC Player öffnen
VLC lässt sich nicht schließen und spielt nur Ton ab
Im Gegensatz zu anderen Anleitungen mussten sich die Pinguin-Autoren bei der Erstellung dieses Kompendiums keine lustigen Szenarien ausdenken. Vielmehr basiert der nachstehende Ratgeber auf digitalen und analogen Leserzuschriften, die wir monatelang gesammelt haben. So erreichte uns eines Tages eine E-Mail, in der dieser furchterregende Screenshot sein Dasein fristete:
Ein Student hatte von einem Universitätsserver eine gefilmte Vorlesung heruntergeladen, die in einem MP4-Container lag und mit dem x264-VFW-Codec komprimiert worden war. Sowohl Totem wie auch der VLC Media Player streikten und spielten weder die Ton- noch die Bildaufnahme ab. Kein Wunder, schließlich entsteht ein derartiger Clip nur, wenn bei der Konvertierung eine proprietäre Windows-Software zum Einsatz kam.
Neue Codecs installieren
Bevor der Hochschüler das Lernmaterial anschauen konnte, musste der Ubuntu-Anwender sein System mit zusätzlichen Dekodierern ausstatten. Also rieten wir dem angehenden Wirtschaftspädagogen dazu, dass FFmpeg-Archiv⁵ mithilfe eines Terminal-Fensters zu installieren:
sudo apt-get update && sudo apt-get install ffmpeg
In diesem Softwarepaket ist nämlich unter anderem eine Bibliothek namens libavformat enthalten, die es dem VLC Media Player ermöglicht, auf eine Vielzahl von exotischen Audio- und Videocodecs zuzugreifen.
Währenddessen sich derartige Problemchen stets mit einer kurzen Antwort-E-Mail aus der Welt schaffen lassen, gab es in der Vergangenheit schon Fälle, welche die Pinguin-Autoren nur auf analoge Art und Weise lösen konnten. So brachte ein Kurierdienst im Frühjahr 2021 ein Paket zur hiesigen Impressumsadresse, das aus der Stadt Stettin kam, die derzeit unter polnischer Verwaltung steht. Die Kartonage enthielt zwei plastikumhüllte Video-DVDs, einen Zwanzigeuroschein und einen Brief, den ein älterer Herr verfasst hatte.
- In dem Schriftstück berichtete der Ruheständler davon, dass er die beigelegten Datenträger auf seinem Ubuntu-Laptop abspielen wollte, sein VLC Media Player aber lediglich ein schwarzes Bild anzeigte, obwohl das Laufwerk hörbar angesprochen wurde.
Wir sollten die Silberscheiben auf Defekte überprüfen und gegebenenfalls reparieren. Doch natürlich handelte es sich um einen Softwarekonflikt, der vom Content Scramble System ausging.
DVDs im VLC abspielen
Gepresste Film-Datenspeicher sind in der Regel mit einem schwachen Kopierschutz versehen, der standardmäßig nur von TV-DVD-Playern geöffnet werden kann. Hingegen Laufwerke in Computersystemen besitzen von Haus aus keine Entschlüsselungsmechanismen und müssen die Abspielsperre aufbrechen, was im privaten Bereich weder illegal noch eine große Herausforderung ist.
Das CSS-System ist aufgrund zahlreicher Designfehler und der schwachen symmetrischen Verschlüsselung mit lediglich 40 Bit langen Schlüsseln bereits seit rund zwei Dekaden gebrochen.
Bärwaldt, Erik: Hindernis-Parcours. Optische Datenträger mit Linux transkodieren. In: Linux Magazin Nr. 9 (2019). S. 37.
Um die audiovisuellen Inhalte auf kommerziellen Video-Scheiben auszulesen, benötigt der VLC Media Player einen Zugang zu einer Programmbibliothek, die den Namen libdvdcss2 trägt. Diese Schlüsseldatenbank befindet sich wiederum im Softwarepaket libdvd-pkg, das sich über den folgenden Befehl installieren lässt:
sudo apt-get install libdvd-pkg
Nach dem Ausführen dieses Kommandos fordert die Konsole zwei positive Benutzereingaben, um das Archiv aus der Multiverse-Quelle herunterzuladen.
Sobald der Vorgang abgeschlossen wurde und das Terminal-Fenster wieder seine ursprüngliche Farbe angenommen hat, müssen die gespeicherten Pakete aufgrund eines Scriptfehlers erneut konfiguriert werden. Demzufolge ist zusätzlich die Eingabe des folgenden Kommandos vonnöten, um die Integration der Entschlüsselungssoftware abzuschließen:
sudo dpkg-reconfigure libdvd-pkg
Doch auch bei diesem Prozess wünscht die optisch veränderte Konsole erst die Bestätigung des Benutzers, ehe sie die Systemänderungen vornimmt.
Nachdem das Archiv libdvd-pkg erfolgreich installiert wurde, wäre sogar Totem in der Lage, eine kommerzielle DVD abzuspielen. Trotzdem möchten viele Ubuntu-Anwender lieber gänzlich auf das puristische Bordmittel verzichten. Manch einer ärgert sich sogar darüber, dass audiovisuelle Medien standardmäßig mit der hauseigenen Video-Applikation geöffnet werden.
So erreichte uns beispielsweise die folgende Wut-E-Mail, die wir aufgrund der zahlreichen Kraftausdrücke nur auszugsweise darstellen können:
Der Gnome-Desktop ist mittlerweile Abfall und ich verachte jeden Menschen, der diese Softwaremissgeburt gebaut hat! Früher war es direkt an der Datei möglich, den Standard-Video-Player zu ändern. Heute muss ich jedes Mal den Weg über die Schaltfläche „Mit anderer Anwendung öffnen” gehen, wenn ich etwas im VLC anschauen will.
Lindemann, Siegfried: Kein Gnome-Desktop in euren Anleitungen mehr! E-Mail vom 18.06.2021.
Poleposition für VLC
Mithilfe des Dateimanagers Nautilus ist es ohne Weiteres möglich, jedem Videocontainer eine individuelle Wiedergabesoftware zuzuweisen. Hierfür müssen die Eigenschaften einer markierten Datei lediglich mit der Tastenkombination Strg + I angezeigt werden. Direkt im Anschluss lässt sich die empfohlene Vorführumgebung über den Reiter „Öffnen mit” dauerhaft ändern.
Wer dagegen bewegte Bilder ausschließlich mit dem VLC Media Player abspielen möchte, der sollte über die Ubuntu Aktivitäten-Suchleiste in das Menü „Einstellungen” navigieren und dort auf den Reiter „Vorgabeanwendungen” klicken. Daraufhin erscheint hinter dem Punkt „Video” eine Dropdown-Liste, mithilfe dieser ein neuer Standard-Player eingestellt werden kann.
Die VLC-Stabilität erhöhen
Obwohl Ubuntu auf eine native Linux-Version des VideoLan Clients zurückgreifen kann, kommt es immer wieder zu Kompatibilitätsproblemen:
Tagchen liebe Leute! VLC weist unter Ubuntu 20.04 Defekte auf. Der Player schließt nicht richtig, sondern das Verkehrshütchen bleibt nach dem Beenden in der oberen Leiste stehen. Jedes Mal muss ich den Prozess über die Systemüberwachung abwürgen.
Meurer, Matteo: VLC-Prozess hängt, was tun? E-Mail vom 14. Juli 2021.
Hingegen ein anderer Benutzer versicherte uns, dass er die Codec-Bibliothek libavformat installiert hat, seine Wiedergabesoftware aber trotzdem nur die Tonspur ausgewählter Clips abspielt, währenddessen das Bild schwarz bleibt.
- Derartige Instabilitäten hängen zumeist mit der Hardwarebeschleunigung⁶ zusammen, die im VLC Media Player standardmäßig aktiviert ist.
Hierbei versucht der digitale Filmvorführer die Zentraleinheit des Computers zu entlasten, indem er das Bildmaterial vom Grafikprozessor berechnen lässt. Doch leider ruft dieser nützliche Mechanismus manchmal Linux-Treiber-Konflikte hervor, die den Funktionsumfang der Applikation schmälern.
Sollte der VLC Media Player unter Ubuntu nicht richtig funktionieren, dann macht es Sinn, das „Hardware-accelerated decoding” auszuschalten. Diese Funktion befindet sich im Reiter „Eingang/Codecs”, der sich über die Tastenkombination Strg + P hervorrufen lässt. Doch aufgepasst: Nach dem Speichern der Änderung erhöht sich die CPU-Auslastung bei der Videowiedergabe. Dafür bleibt die Abspielqualität gleich, da die Grafikprozessorunterstützung keinen Einfluss auf das Bildmaterial nimmt.
Verwandte Themen:
FreetuxTV - legale IPTV-Software für Ubuntu
AMD-Grafikkarten leiser machen - Radeon Profile verwenden
¹Bärwaldt, Erik: Hindernis-Parcours. Optische Datenträger mit Linux transkodieren. In: Linux Magazin Nr. 9 (2019). S. 36.
²Kofler, Michael: Linux. Das umfassende Handbuch. 15., aktualisierte Auflage. Bonn: Rheinwerk Verlag 2017.
³Wolski, David: Ubuntu 20.04: Probleme & Lösungen. In: Linux Welt XXL Nr. 2 (2021). S. 49.
⁴Lawrence, Michael: How to Install The Latest VLC 3.0.11 via PPA in Ubuntu 20.04. tipsonubuntu.com (08/2021).
⁵Niedermayer, Michael: Supported File Formats, Codecs or Features. ffmpeg.org (08/2021).
⁶Cunha, Rael Gugelmin: Ubuntu 20.04 LTS: VLC player not quitting. superuser.com (08/2021).
Liegeradler sagt:
Von wegen „garantiert alle Videoformate”...
Für Filme im DCP-Format brauche ich immer noch „DCP-o-Matic”...
Helpdesk sagt:
Vielen Dank für den Hinweis. Ich habe an relevanter Stelle darum gebeten, dass der besagte Codec hinzugefügt wird. Ansonsten haben Sie ja ein schönes Ausweich-Tool für Ubuntu genannt. Alles Gute!
PAT sagt:
Ich hatte beim Abspielen von Film-DVDs so kammerartige Streifen an den Kanten. Eigentlich bin ich nicht so empfindlich, aber das nervte schon ein wenig. Der Hinweis, bei Eingang/Codecs „Hardware-accelerated decoding” zu deaktivieren, hat geholfen. Danke 🙂
Regenbogen sagt:
mein ACE-Player HD 2.2.5.1. (VLC 2.2.8.1.) gibt keinen Ton von sich.
Er lief schon mal korrekt, nach einem Update nicht mehr.
Fehlermeldung:
Audioausgabe fehlgeschlagen:
Das Audiogerät „default” konnte nicht benutzt werden:
No such file or directory.
Was kann ich tun?
Regenbogen sagt:
Hat sich erledigt! Einfach den normalen VLC Player benutzen!