Zu hohe Temperaturen im Computergehäuse bringen selbst das leistungsfähigste System zum Erliegen. Denn immer wenn die Kerne in der Grafikkarte oder im Prozessor einen kritischen Wärmegrad übersteigen, dann zwingt das Mainboard diese Hardwarekomponenten dazu, einen Pausenzyklus¹ zu durchlaufen, um irreparable Hitzeschäden zu vermeiden. Dabei werden während des sogenannten Thermal Throttling² manche Bestandteile eines aufgeheizten Rechners teilweise so stark gebremst, dass ein flüssiges Arbeiten mit einer solchen Datenverarbeitungsanlage nicht mehr möglich ist.
Tag auch! Vor Kurzem habe ich mir einen Ubuntu-PC zusammengebaut, mit dem ich ausschließlich Counter Strike: Source spiele. Wenn ich so zwei Stunden am Stück gezockt habe, dann fängt alles an zu ruckeln und der Rechner wird unbedienbar. Ich möchte jetzt checken, ob meine Hardware vielleicht zu heiß wird, finde aber kein Linux-Tool, das mir die Systemtemperaturen in Echtzeit anzeigt. [...] Gibt es für Ubuntu vielleicht etwas, dass wie SpeedFan oder Open Hardware Monitor funktioniert?
Heibel, Marcel: Gaming-PC zu heiß? Suche Diagnoseprogramm für Ubuntu. E-Mail vom 30.07.2018.
Außerdem verkürzen zu hohe Systemtemperaturen die Lebenszeit von mechanischen Speichermedien. Denn ab einem Wärmegrad von 50 Grad Celsius verschleißen die polymeren Bauteile, die in einer klassischen Festplatte dazu da sind, um die Magnetscheiben vor Stoßschäden zu schützen.
Die Betriebstemperatur einer gut belüfteten Festplatte sollte bei 30 bis 40 °C liegen. [...] Wenn die Temperatur unter 10 °C sinkt oder auf 50 °C steigt, verdoppelt sich die durchschnittliche Ausfallrate. Steigt die Temperatur auf 60 Grad, verdoppelt sich die Ausfallrate erneut!
Eifert, Klaus: Computerhardware für Anfänger. Die Hardware kennenlernen - Warnzeichen erkennen - Fehler und Reparaturen vermeiden - PC selbst aufrüsten. 1. überarbeitete Auflage. Leipzig: Eifert Verlag 2012.
Wer also auch im Hochsommer die volle Leistung seines Computers ohne kostspielige Folgen nutzen möchte, der sollte regelmäßig überprüfen, ob das installierte Kühlsystem in seinem Rechnergehäuse noch ausreichend ist. Für dieses Unterfangen gibt es smarte Diagnoseprogramme, mit denen die Werte der einzelnen Thermofühler in Echtzeit dargestellt werden können.
Unter Ubuntu ist die Freeware Psensor am besten geeignet, um die Systemtemperaturen im Blick zu behalten. Das liegt unter anderem daran, dass dieser Hardware Monitor über eine detaillierte grafische Benutzeroberfläche verfügt, die mithilfe des GUI-Toolkits GTK+ erstellt wurde. Dadurch kann die Linux-Software auch mit alternativen Desktop-Umgebungen verwendet werden.
GTK+ (GIMP Tool Kit) is commonly used on Linux systems that work with the GNOME desktop environment, though it works nicely in other environments like MATE and Budgie.
Kurt, Marquis: GTK+ vs. Qt. alicerunsonfedora.wordpress.com (08/2018).
Selbst die auf Qt basierende KDE Plasma-Oberfläche ist ab Kubuntu 16.04 LTS in der Lage, die Temperaturübersicht fehlerfrei anzuzeigen. Des Weiteren befindet sich Psensor in den offiziellen Ubuntu-Quellen, was bedeutet, dass das Diagnoseprogramm äußerst stabil ist und regelmäßig mit Updates versorgt wird.
Sensoren mit Ubuntu auslesen
Szenario: Vor allem in den Sommermonaten hörte sich mein Computer immer wie ein Rasenmäher an. Das lag daran, dass sich der Lüfter auf meinem CPU-Kühlblock an heißen Tagen besonders schnell drehen musste, damit die Kerne in meiner Zentraleinheit die vordefinierte Höchsttemperatur nicht übersteigen. Um die Lärmbelästigung zu beenden, montierte ich einen neuen Kühler auf meinem Prozessor, der über einen größeren Radiator und acht Hochleistungsheatpipes verfügt. Seit dem Umbau ist mein System zwar deutlich leiser, allerdings hat auch der Luftstrom in meinem Rechner stark abgenommen, weshalb ich nun herausfinden möchte, ob meine anderen Hardwarekomponenten einen zusätzlichen Gehäuselüfter benötigen.
Also öffne ich zuerst einmal ein Terminal-Fenster, sodass ich gleich darauf ein kleines Hilfsprogramm namens LM-Sensors installieren kann:
sudo apt-get update && sudo apt-get install lm-sensors
Hinweis: Diese Kommandozeilenanwendung kommuniziert direkt mit den Thermofühlern, die sich in den einzelnen Hardwaremodulen befinden. Psensor baut auf diese Schnittstellensoftware auf, indem es lediglich die Werte von LM-Sensors in einer grafisch aufbereiteten Form wiedergibt.
sudo sensors-detect
Als Nächstes lasse ich das eben eingerichtete Hardware-Zustands-Beobachtungspaket nach vorhandenen Sensoren suchen. Direkt nach der Eingabe des Befehls werden mir in der Konsole diverse Fragen gestellt, die ich alle mit „YES” beantworte.
sudo apt-get install psensor
Zu guter Letzt installiere ich den kostenlosen Hardware Monitor Psensor und starte daraufhin meinen Computer neu.
Temperaturanzeige konfigurieren
Sobald mein Betriebssystem wieder einsatzbereit ist, öffne ich Psensor über die Ubuntu Aktivitäten-Suchleiste. Direkt im Anschluss erscheint ein Menüfenster, in dem mir meine aktuellen Systemtemperaturen präsentiert werden.
Allerdings tragen die Thermofühler sehr pauschale Bezeichnungen, weshalb die Anzeige nur wenig aussagekräftig ist. Um den Temperaturmonitor übersichtlicher zu gestalten, muss ich also zunächst einmal die einzelnen Hardwaresensoren näher definieren. Dazu klicke ich auf den Reiter „Psensor” und wähle im Anschluss daran den Punkt „Sensor Preferences” aus.
Als Nächstes markiere ich ganz links im Menü „Name” den ersten Eintrag, um herauszufinden, welche Hardwaretemperatur sich hinter diesem Platzhalter verbirgt.
- Daraufhin erfahre ich über den Punkt „Chip”, der sich auf der rechten Fensterseite befindet, dass Psensor meine CPU als „temp1” etikettiert. Diese ungenaue Definition möchte ich konkretisieren, weshalb ich nun die korrekte Bezeichnung meines Prozessors in das editierbare Namensfenster eintrage.
Direkt im Anschluss bestätige ich meine Eingabe über die Schaltfläche „OK” und wiederhole gleich darauf die vorangegangenen Schritte so lange, bis ich sämtliche Systemsensoren umbenannt habe.
Im nächsten Schritt öffne ich die Kurzübersicht von Psensor, indem ich auf das weiße Thermometer in meiner Taskleiste klicke. Aus dieser Ansicht möchte ich nun die Einträge entfernen, die keine Temperaturen anzeigen. Dazu navigiere ich erneut in das Menü „Sensor Preferences”.
Dort angekommen wähle ich links im Fenster „Name” eines der Module an, die ich dauerhaft ausblenden möchte. Im Anschluss daran wechsle ich rechts in den Reiter „Application Indicator” und liquidiere dort das Häkchen, das vor „Display sensor in the menu” steht. Daraufhin bestätige ich meine Eingabe und lösche nach dem gleichen Prinzip auch noch die anderen störenden Einträge.
Psensor zusammen mit Ubuntu starten
Nachdem ich Psensor an meine Bedürfnisse angepasst habe, möchte ich abschließend noch einstellen, dass das Diagnoseprogramm automatisch nach dem Systemstart ausgeführt wird. Dementsprechend klicke ich im Temperaturmonitor auf den Reiter „Psensor” und wähle gleich danach den Punkt „Einstellungen” aus.
Als Nächstes navigiere ich im Applikationsmenü in den Reiter „Startup” und setze dort einen Haken vor „Launch on session startup”. Durch diese Maßnahme wird mein Hardware Monitor ab sofort direkt nach dem Systemstart geladen.
Des Weiteren aktiviere ich den Punkt „Hide window on startup”. Hierdurch bleibt das detailreiche Hauptfenster von Psensor nach dem Autostart geschlossen. Stattdessen lädt Ubuntu lediglich die schlichte Temperaturübersicht in die Taskleiste, die ich mir mit einem Klick auf das weiße Thermometer jederzeit ansehen kann.
Alarmfunktion schützt vor Überhitzung
Tipp: Falls Sie einen mobilen Ubuntu-PC besitzen, den Sie auch außer Haus verwenden, dann sollten Sie den Temperaturalarm von Psensor konfigurieren. Dank dieser Funktion ist es nämlich egal, ob Sie mit Ihrem Gerät in einem aufgeheizten Kaffeehaus oder in einer stickigen Bibliothek arbeiten; denn sobald einer Ihrer Hardwarekomponenten zu heiß wird, meldet das Diagnosewerkzeug, das es Zeit für eine Computerpause ist.
Um den Überhitzungsschutz einzuschalten, müssen Sie zunächst einmal in das Menü „Sensor Preferences” navigieren. Wählen Sie daraufhin den Hardwaresensor aus, für den Sie eine Höchsttemperatur festlegen möchten. Wechseln Sie als Nächstes in den Reiter „Alarm” und setzen Sie dort ein Häkchen vor „Activate desktop notifications”.
Legen Sie nun hinter „High threshold” fest, wann Psensor einen Systemalarm auslösen soll. Wenn Sie Ihre Eingaben im Anschluss daran über die Schaltfläche „OK” bestätigen, dann müssen Sie ab sofort keine Angst mehr davor haben, dass das Thermal Throttling Ihren Ubuntu-PC ohne Vorwarnung abstürzen lässt.
Die Vorteile von Psensor im Überblick
Das kostenlose Diagnosewerkzeug Psensor, welches sich in den offiziellen Softwarequellen befindet und unter fast allen Ubuntu-Derivaten funktioniert, benötigt für die permanente Systemüberwachung lediglich 40 Megabyte Arbeitsspeicher.
- Des Weiteren zeigt das Analyseprogramm nicht nur die Hardwaretemperaturen an. Vielmehr stellt Psensor neben den Lüfterdrehzahlen auch noch die Auslastung der CPU in Echtzeit dar.
- Mithilfe der Alarmfunktion ist es zudem möglich, einen überhitzten Computer ohne Datenverlust herunterzufahren, bevor das Thermal Throttling einsetzt.
- Außerdem kann das funktionelle Diagnosewerkzeug für jeden Thermofühler ein individuelles Live-Diagramm erstellen, in dem der durchschnittliche Wärmegrad angegeben ist. Diese Werte sind besonders für Benutzer interessant, die das Kühlerprofil ihres Systems softwareseitig verändern möchten, um die Lautstärke ihres Rechners zu verringern.
Im Gegensatz zu SpeedFan oder SiSoft Sandra muss Psensor jedoch relativ aufwendig konfiguriert werden. Wer sich jedoch einmal durch die einzelnen Sensormenüs gekämpft hat, der kann dauerhaft auf das beste Temperaturüberwachungsprogramm zurückgreifen, das es für Linux-Distributionen gibt.
Verwandte Themen:
Dedizierte Soundkarte unter Ubuntu einrichten - so geht’s
Wohnung zu heiß? Windräder sorgen für Abkühlung
¹schaefy: CPU Thermal Throttling. forum.chip.de (08/2018).
²Fisher, Ryan: What’s Thermal Throttling and How to Prevent It? Your GPU Will Thank You. techspot.com (08/2018).
NoScope sagt:
Beste Anleitung zu dem Thema, hat bei mir 1a funktioniert. Ich habe mir einen Silent-PC gebaut, ohne Lüfter nur passive Kühler und muss deshalb die Temperaturen im Auge behalten. Psensor hat sogar einen Wärmefühler erkannt, den ich nachträglich in mein Gehäuse eingebaut habe, also ziemlich nice! Peace