Auch wenn es die Berliner Großstadtbourgeoisie gerne anders hätte; die meisten Deutschen sind eiserne Traditionalisten. So bevorzugen¹ die alemannischen Reiseeuropameister² weiterhin Autos mit Verbrennungsmotor. Darüber hinaus stellen die festgefahrenen Bundesbürger trotz medialer Ermahnungen unbeirrt den übermäßigen Fleisch- und Bierkonsum³ zur Schau. Angesichts der dogmatischen Grundeinstellung ist es kein Wunder, dass es hierzulande im Jahre 2018 noch 440 stationäre Videotheken⁴ und 13,8 Millionen⁵ DVD-Käufer gab. Es ist erstaunlich, wie sehr die tugendhaften Kartoffelanbeter an ihren Silberscheiben hängen, obwohl diese empfindlichen Massenspeicher eine relativ geringe Haltbarkeit⁶ aufweisen. Wer sein gepresstes Filmarchiv weitervererben möchte, der darf die Polycarbonatplatten nicht einfach im Keller vermodern lassen, da die Aluminium- oder Farbschicht auf die Dauer durch UV-Strahlung, Temperaturschwankungen und hohe Luftfeuchtigkeit zersetzt wird. Um sein digitales Vermächtnis zu konservieren, ist es also nötig, den Inhalt von optischen Datenträgern regelmäßig umzuschichten.
Buongiorno a tutti! Hier meldet sich ein 71-jähriger Kaufmann aus Rendsburg, der seit Januar 2020 stolzer Linux-Anwender ist. Leider bereitet mir der Systemwechsel mehr Probleme als gedacht. Vor allem ärgert mich, dass Nero Burning ROM nicht funktioniert, da ich mein verstaubtes Video-DVD-Archiv auf eine Festplatte übertragen muss. Brasero bringt beim Erstellen eines ISO-Abbildes nur Fehlermeldungen. Es möchte auf „libdvdcss.so.2” zugreifen, was wahrscheinlich in Ubuntu 18.04 fehlt. Welche Alternativen gibt es für mich?
Husemann, Jannes: Frage zu Ubuntu und DVD-Abbildern. E-Mail vom 30.01.2020.
Kommerzielle Film-DVDs sind in der Regel mit dem Content Scramble System kopiergeschützt. Darüber hinaus muss das Computerlaufwerk diverse Regionalcodes⁷ besitzen, um den Inhalt von Videodatenträgern abspielen zu können.
Trotz der implementierten Störmechanismen ist es jedoch ohne Weiteres möglich, ein ISO-Abbild von einer gepressten DVD zu erstellen. Zwar erschweren das CSS-Verfahren und die Regionalcodesperre die Filmwiedergabe, das bloße Kopieren des Contents können die Verschlüsselungstechniken allerdings nicht verhindern.
Die Aussagen der Filmindustrie sind, dass CSS unautorisiertes Kopieren verhindern soll. Es stellt sich aber heraus, dass CSS genau das Gegenteil tut, denn man kann trotz CSS eine DVD kopieren, aber anschauen kann man sie sich nicht.
Hirdes, Michael: DVD-Software. dasalte.ccc.de (02/2020).
Leider ist das Brennprogramm Brasero so konzipiert, dass es den Datenträgerinhalt vor dem Spiegeln auslesen möchte. Damit das funktioniert, müssen die Schutzmechanismen aufgebrochen werden. Hierfür stellt das VideoLAN-Projekt die Linux-Bibliothek libdvdcss zur Verfügung.
Die Entschlüsselungssoftware installieren.
Zunächst die Paketquelle einrichten:
sudo apt-get install libdvd-pkg
Danach über dasselbe Terminal-Fenster den Kopierschutzknacker herunterladen und installieren:
sudo dpkg-reconfigure libdvd-pkg
Nur wenn Ubuntu diesen digitalen Dietrich besitzt, kann Brasero⁸ ein DVD-Abbild erstellen.
Solange damit Privatkopien erzeugt werden, ist die Nutzung von libdvdcss nicht illegal, da das Content Scramble System keinen wirksamen Kopierschutz bietet.
Christian Solmecke: Das Knacken von Kopierschutzmechanismen ist bei DVDs verboten. [...] Gibt es keinen Kopierschutz oder ist dieser nicht wirksam - d. h. kann der mit ganz einfachen Mitteln umgangen werden - dann ist letztlich auch die Kopie zu privaten Zwecken erlaubt.
Kanzlei WBS: Kopie einer geliehenen DVD/BluRay. youtube.com (02/2020).
Wer trotzdem rechtliche Bedenken hat und deshalb auf eine Ubuntu-Modifikation verzichten möchte, der sollte ISO-Abbilder mit cat anfertigen. Dieses konsolenbasierte Bordmittel benötigt nämlich keine Hilfsmittel, um eine bitgetreue DVD-Kopie hervorzurufen.
In der folgenden Bildanleitung beweise ich, dass das Silberscheibenklonen unter Ubuntu auch ohne ein Brennprogramm möglich ist. Des Weiteren erfahren interessierte Linux-Nutzer, wie sie ein selbsterzeugtes ISO-Abbild wiedergeben können.
Video-DVDs kopieren
Szenario: Obwohl ich nur die ersten zehn Minuten meines Lieblingsherrenfilmes kenne, sieht die Unterseite des Speichermediums wie eine viel befahrene Schlittschuhbahn aus. Vermutlich wird sich die stark beanspruchte Polycarbonatplatte nicht mehr lange auslesen lassen, weshalb ich den animierenden Videocontent in Sicherheit bringen muss. Am besten ist es, wenn ich den optischen Datenträger in ein ISO-Abbild verwandle, da Festplatten für die dauerhafte Dateikonservierung besser als DVDs geeignet sind. Also lege ich das erregende Lichtspiel ein letztes Mal in mein Computerlaufwerk ein. Dann öffne ich ein neues Terminal-Fenster, da ich mit dem nachstehenden Befehl herausfinden möchte, wie Ubuntu meinen lasergestützten Scheibendreher benennt:
sudo lshw -class disk
Unmittelbar danach stelle ich fest, dass mein internes Videoabspielgerät unter anderem auf den Namen sr0 hört.
Nun soll die Konsolensoftware cat ein Abbild von der Datenquelle im Laufwerk sr0 erstellen. Hierfür verwende ich die folgende Befehlssyntax:
sudo cat /dev/sr0 > /home/Benutzername/Speicherort/Dateiname.iso
Sobald ich daraufhin den Zeilenschalter drücke, beginnt mein Ubuntu-System mit der Kopierarbeit. Eine Fortschrittsanzeige bekomme ich allerdings nicht zu Gesicht.
Um herauszufinden, ob der Klonvorgang abgeschlossen wurde, muss ich auf die operierende Shell achten. Während des Übertragens ist die Kommandozeile blockiert und nimmt keine Eingaben entgegen. Erst wenn der blinkende Cursor umspringt und wieder die normale Terminal-Maske erscheint, kann ich die eben erzeugte ISO-Datei verwenden.
Speicherabbilder wiedergeben
Szenario: Nachdem ich meine Lieblings-DVD auf meine Festplatte transferiert habe, möchte ich überprüfen, ob sich das erstellte Image abspielen lässt. Hierfür statte ich mein Ubuntu zunächst einmal mit dem VLC Media Player aus:
sudo apt-get install vlc
Schließlich kann diese kostenlose Wiedergabesoftware kopiergeschützte Videoinhalte in der Regel auch dann vorführen, wenn die Bibliothek libdvdcss lokal nicht zur Verfügung steht.
Sobald der Filmdarsteller erfolgreich integriert wurde, klicke ich mein selbst erzeugtes ISO-Abbild mit der rechten Maustaste an, woraufhin ein kleines Menü erscheint. Dort wähle ich nun den Punkt „Mit anderer Anwendung öffnen” aus. Unmittelbar danach ploppt eine Liste auf, in der ich den VLC Media Player als Ausgabesoftware festlege.
Kurz darauf startet der Medienabspieler dasselbe Menü, das sich auch auf meiner Lieblings-DVD befindet. Dementsprechend ist es genau so, als würde der optische Ursprungsdatenträger im Laufwerk rotieren.
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¹Hoffmann, Catherine: Autoindustrie: Die Selbstgefälligkeit der Auto-Bosse wird sich rächen. sueddeutsche.de (02/2020).
²Schnerr, Marc: Reiseweltmeister: Deutschland auf Platz drei der Länder mit den meisten Reisenden ins Ausland. tageskarte.io (02/2020).
³Vetter, Veronika Helga: Bierfass basteln - Papierkorb für Tischabfälle. gws2.de (02/2020).
⁴Stocker, Anita: Noch 440 Videotheken. In: test Nr. 10 (2019). S. 28.
⁵Kemmerich, Matthias: Statistiken zu DVDs. statista.de (02/2020).
⁶Herrmann, Hans-Günter: So lange halten Speichermedien. mediafix.de (02/2020).
⁷Bärwaldt, Erik: Optische Datenträger mit Linux transkodieren. Hindernis-Parcours. In: Linux Magazin Nr. 9 (2019). S. 37.
⁸Eggeling, Thorsten: CDs, DVDs und ISO-Dateien. In: Linux Welt Nr. 6 (2019). S. 74.
Robin Dietrich sagt:
Wow, richtig krass, deshalb bin ich zu Linux gewechselt! Ich habe ein mittelgroßes Video-DVD-Archiv geerbt, das ich nie anschauen werde aber trotzdem digitalisieren möchte. HandBrake rip ist mir zu aufwendig bei ca. 60 DVDs. Aber der Linux-Befehl, wo dann eine ISO bei rauskommt ist genau richtig für mich. Danke! Bin vor rund 2 Jahren aus Corona-Langeweile zu Ubuntu gewechselt und habe es noch nie bereut!