Ubuntu-Benutzer müssen in der Regel keine zusätzlichen Treiber installieren. Schließlich sorgt der integrierte Kernel¹ automatisch für die Betriebsbereitschaft der angeschlossenen Komponenten. Wer eine Grafikkarte von Nvidia im Einsatz hat, der sollte jedoch manuell eingreifen und sein Debian-Derivat mit einer proprietären Gerätesoftware ausstatten. Ansonsten wird die Videohardware des US-amerikanischen Chipherstellers mit einem Modul namens nouveau angesprochen, was dazu führt, dass das Linux-System energiehungriger und weniger leistungsfähig² ist.
Trotz des Widerstands von NVIDIA hat die Open-Source-Gemeinde mit nouveau einen eigenen Treiber entwickelt, der mittlerweile bei allen Distributionen standardmäßig zum Einsatz kommt [...]. Probleme machen aber neue Grafikkarten sowie die Nutzung der Energiesparfunktionen.
Kofler, Michael: Linux. Das umfassende Handbuch. 15. aktualisierte Auflage. Bonn: Rheinwerk Verlag 2017.
Des Weiteren stellt der freie Treiber für die meisten Modelle keine HDMI-Audio-Unterstützung zur Verfügung. Somit geben interne Bildschirmboxen nur dann Ton aus, wenn diese mit der Soundkarte verbunden sind. Ein weitaus größeres Problem ist jedoch der Umstand, dass sich Nvidia-Grafikkerne ohne eine genuine Betriebssoftware nicht als Koprozessoren einsetzen lassen. Denn bedauerlicherweise offeriert das Kernel-Modul nouveau weder OpenCL noch CUDA.
NVIDIA hat eine Technologie CUDA entwickelt, die es ermöglicht, die Prozessoren der Grafikkarte als „Co-Prozessoren” für Berechnungen zu benutzen. Manche wissenschaftliche, technische und medizinische Anwendungen können dadurch um ein Vielfaches beschleunigt werden.
Eifert, Klaus: Computerhardware für Anfänger. Die Hardware kennenlernen - Warnzeichen erkennen - Fehler und Reparaturen vermeiden - PC selbst aufrüsten. 4. überarbeitete Auflage. Leipzig: Eifert Verlag 2017.
Bei der Filmwiedergabe benötigt Nvidia-Hardware ebenfalls die Gerätesoftware des Herstellers, um die Zentraleinheit entlasten zu können. Zwar ist auch der hauseigene Ubuntu-Treiber via VDPAU³ dazu in der Lage, die Grafikkarte bei der Videodecodierung mithelfen zu lassen, damit das funktioniert, dürfen jedoch nur freie Codecs im Ausgangsmaterial enthalten sein.
Wie das Schaubild illustriert, sind Nvidia-Produkte in Kombination mit einer proprietären Schnittstellensoftware wesentlich leistungsfähiger. Das ist aber erst seit dem Jahre 2018 so, weshalb viele Ubuntu-Anwender lange Zeit das Kernel-Modul nouveau bevorzugten. Bis zur Version 18.04 LTS stellte der US-amerikanische Hardwarehersteller nämlich lediglich Uralttreiber für Linux-Distributionen zur Verfügung. Diese antiquierten Originalprogramme arbeiteten nur mangelhaft mit aktuellen Grafikkartenmodellen zusammen, was häufig zu Systemabstürzen führte.
Mittlerweile können Ubuntu-Benutzer jedoch stets die neuste Gerätesoftware in Anspruch nehmen. Und damit die Treibersubstitution garantiert gelingt, lassen sich Applikationen von Nvidia bequem über die Bordmittel einspielen. Eine Besonderheit dabei ist, dass die Linux-Distribution immer nur die Programmversionen zur Installation anbietet, die zur verbauten Hardware passen.
Nvidia hat die Unterstützung für alte Karten aus aktuellen Treibern entfernt. Die letzte Treiberversion für Chips vom Typ Geforce 6 und 7 waren die Nvidia-Treiber 304.x.
Eggeling, Thorsten: Drucker, Scanner und Grafikkarten. In: Linux Welt Nr. 2 (2019). S. 53.
Wenn Sie also möchten, dass Ihre Nvidia-Hardware auch unter Ubuntu leise und potent arbeitet, dann sollten Sie Ihr Linux-System mit einem Originaltreiber ausstatten. In der folgenden Anleitung zeige ich Ihnen, auf welche Weise die aktuellste Gerätesoftware installiert werden kann. Im Anschluss daran konfiguriere ich das Grafikkartenprogramm, damit Sie sehen, wie sich das Bildschirmerlebnis weiter verbessern lässt.
Die Treiberinstallation
Szenario: Gerade eben habe ich Ubuntu 18.04 LTS auf meinem ausrangierten Spielerechner installiert. Nun möchte ich testen, ob alle Komponenten anstandslos funktionieren, weshalb ich mir auf YouTube eine kurze Reportage über Bochumer Hausbesetzer⁴ ansehe. Währenddessen das HD-Video abgespielt wird, bemerke ich, dass mein Monitor die bewegten Bilder teilweise verzerrt wiedergibt. Außerdem ist mein Computer äußerst laut, da sich der Lüfter auf meiner Nvidia-Grafikkarte sehr schnell dreht, obwohl mein System lediglich einen Internetfilm vorführen muss. Darüber hinaus kann ich im Klangmenü keinen HDMI Audio Controller auswählen, weswegen meine Displaylautsprecher nicht funktionieren.
Diese Missstände lassen sich nur beheben, indem ich den Originaltreiber für meine Videokarte installiere. Aus diesem Grund navigiere ich als Erstes über die Ubuntu Aktivitäten-Suchleiste in das Menü „Anwendungen & Aktualisierungen”.
Gleich nachdem die Eingabemaske geladen wurde, wähle ich den Reiter „Zusätzliche Treiber” an. Daraufhin muss ich einen Moment warten, da mein Betriebssystem in den offiziellen Paketquellen nach Nvidia-Applikationen sucht, die zu meiner Hardware passen.
- Nach einer kurzen Weile schlägt mir Ubuntu die Version 390.129 vor. Das ist zwar bei Weitem nicht die neuste Programmedition aber dafür die letzte, die für meine antike Grafikkarte geeignet ist.
Tipp: An der Treibernummer können Linux-Anwender erkennen, ob ihr Computer noch spieletauglich ist.
Damit die Grafikkarte ihre beste Leistung liefern kann, muss ein optimierter Treiber des Herstellers installiert sein. Valve empfiehlt für Nvidia-GPUs die Version 396.54 oder höher.
Eggeling, Thorsten: Mehr Spiele für Steam. In: Linux Welt Nr. 1 (2019). S. 66.
Um den aktuellsten Nvidia-Treiber zu installieren, markiere ich nun zunächst einmal den ersten Auswahlpunkt, da dieser über die höchste Versionsnummer verfügt. Dann klicke ich auf die Schaltfläche „Änderungen anwenden” woraufhin meine Linux-Distribution die proprietäre Gerätesoftware einrichtet. Direkt im Anschluss schließe ich den Substitutionsprozess ab, indem ich mein System neu starte.
Sobald mein Ubuntu daraufhin wieder einsatzbereit ist, navigiere ich in das Klangmenü und stelle fest, dass sich meine Bildschirmboxen ab sofort als Ausgabegeräte nutzen lassen.
Die Treiberkonfiguration
Als Nächstes möchte ich das Screen-Tearing-Problem beheben. Um die Schlierenbildung bei der Videowiedergabe zu verhindern, muss ich direkt in das Nvidia-Treibermenü navigieren.
Im Grafikkartenprogramm angekommen wähle ich zunächst einmal den Reiter „X Server Display Configuration” aus. Gleich darauf klicke ich die Schaltfläche „Advanced” an woraufhin sich das Eingabefenster vergrößert.
Im Anschluss daran setze ich ein Häkchen bei „Force Composition Pipeline”. Zu guter Letzt speichere ich meine Änderungen, indem ich die Schaltfläche „Apply” anwähle.
Hinweis: Damit die Screen-Tearing-Unterdrückung funktioniert, muss mindestens die Nvidia-Treiberversion 375.26 auf dem System installiert sein.
You will likely need the 375.26 driver or newer for this to show up in „nvidia-settings”. These options may cause a loss in performance. For me personally, the loss is next to nothing.
Dawe, Liam: How To: An update on fixing Screen Tearing on Linux with an NVIDIA GPU. gamingonlinux.com (08/2019).
Alle anderen Voreinstellungen lasse ich so, wie sie sind. Deshalb klicke ich nun rechts unten auf „Beenden”, um das Treibermenüfenster zu schließen.
Geräuscharm und energieeffizient
Szenario: Nachdem die Einrichtung meiner Grafikkarte so gut funktioniert hat, bin ich relativ glücklich. Dieser ungewohnte Gefühlszustand irritiert mich, weshalb ich schleunigst wieder einen klaren Kopf bekommen möchte. Dementsprechend sehe ich mir auf YouTube ein Interview mit Dr. Markus Krall⁵ an. Währenddessen der Ökonom den wirtschaftlichen Zusammenbruch prophezeit, bemerke ich plötzlich, wie leise mein Computer geworden ist.
Das ist kein Wunder, schließlich passt der proprietäre Nvidia-Treiber die Leistung meiner Videohardware an den Rechenbedarf an. Dieser Umstand hält die Grafikkarte kühl, was wiederum dazu führt, dass sich der Lüfter langsamer drehen kann.
Verwandte Themen:
Überwachung beenden - Laptop-Webcam endgültig abschalten
Fotos vom Smartphone auf das Ubuntu-System übertragen - so geht’s
¹Vetter, Veronika Helga: Ubuntu: Neuen Kernel installieren - Treiber-Update via PPA. pinguin.gws2.de (08/2019).
²Wolski, David: Nvidia: Treiber ohne Tearing. In: Linux Welt Nr. 5 (2019). S. 109.
³Pennington, Havoc: Video engine support status. nouveau.freedesktop.org (08/2019).
⁴PULS Reportage: Ein Tag in einem besetzten Haus in Bochum. youtube.com (08/2019).
⁵Tichy, Roland: Markus Krall: Wie sichert man sein Geld vor dem Banken-Crash? youtube.com (08/2019).
Tetzlaff sagt:
Also ditte is ja interessant, ich wusste nicht, dass eine Aktion notwendig ist. Habe eine GeForce GT 1030 im Gehäuse. Ubuntu 18.04 - gerade den Treiber installiert. Läuft sehr gut und die Flimmerübergänge auf YouTube sind weg. Danke Kollege!
Weismantel sagt:
Feedback: Die Installation des proprietären Nvidia-Treibers lohnt sich auch für Nichtspieler. Besitze zwar nur eine günstige GT 1030, aber seit der Umstellung laufen Internetstreams wesentlich flüssiger. Auch das Scrollen im Browser verläuft nun flimmerfrei. Vielen Dank für diese fundierte Anleitung. Frohe Weihnachten!
Kzuya sagt:
Wunderbar erklärt, so stelle ich mir das vor! Bei mir läuft eine GTX 1650. Das Teil war unter Ubuntu 18.04 extrem laut. Jetzt wo ich den Originaltreiber installiert habe, schnurrt die Karte wie ein Kätzchen. Danke Leute für eure Arbeit.
Olaf der Mittlere sagt:
Morgen ihr Luschen: Perfekt, so eine Anleitung habe ich gesucht! Vor Ostern ist meine GTX 1660 abgeraucht - Totalschaden. Ich wollte eine Neue von Nvidia bestellen aber was geht mit den Preisen? Unter 400 Euro gibt es gar nichts mehr. Ist das Hyperinflation, Lieferengpässe oder was? Naja auf jeden Fall erstmal Ersatz bei ebay Kleinanzeigen geholt: GeForce GTX 295. Probleme mit Ubuntu 20.04: YouTube und VLC flimmern, Crusader Kings III üble Frames. Hier die Anleitung gelesen und auf Originaltreiber umgestellt. Jetzt ist alles wieder toppi galloppi.