Wer regelmäßig das c’t Magazin aufschlägt, fühlt sich vielleicht an die Band Wir sind Helden erinnert, die 2007 treffend sang: „Endlich ein Grund - los, Panik!“ Denn gefühlt verliert in jeder Ausgabe gerade mal wieder ein Microsoft-Betriebssystem seinen Update-Support. Für die renommierte IT-Fachzeitschrift¹ bedeutet das in aller nüchternen Konsequenz: „Die einzige Chance, Windows ohne Sicherheitsupdates sicher zu betreiben, ist das Kappen aller Netzwerkverbindungen.” Unabhängig des Wahrheitsgehaltes dieser These, sieht die Realität in deutschen PC-Werkstätten wie folgt aus: Ein Kunde kommt mit einem Windows-7-Laptop und bittet um Problemlösung.
Windows 7 [wird] von vielen Nutzern nach wie vor als das beste Windows aller Zeiten angesehen.
Reitberger, Josef: Kleiner Knall zum Abschied. In: Chip Nr. 3 (2023). S. 14.
In einem konkreten Fall handelte es sich um einen 69-jährigen Silverworker, der seine Rente durch freiberufliche Akquisetätigkeiten aufbesserte. Sein einsatzerprobtes Notebook, ein HP-Modell TPN-C126 aus dem Jahr 2015, konnte aufgrund des veralteten Betriebssystems für wichtige Programme wie Firefox, den Tor Browser und Thunderbird keine Updates mehr erhalten.
Windows durch Ubuntu ersetzen
Ubuntu komplett verschlüsseln
Notebook-Lüfter regulieren
Der ältere Herr berichtete, häufig in öffentlichen Hotspots zu arbeiten, die von Hotels, Bibliotheken oder Fast-Food-Ketten bereitgestellt werden. Große Sorgen bereitete ihm dabei der unvollständige Schutz der integrierten Software-Firewall des Betriebssystems, die Sicherheitslücken des SMB1-Protokolls² sowie die fehlende BitLocker-Unterstützung in Windows 7 Professional zur Verschlüsselung der Systemfestplatte. Diese Überlegungen deuten auf einen technisch versierten Anwender hin.
Ein weiteres Indiz für seine IT-Kenntnisse zeigte sich darin, dass sein TPN-C126 an verschiedenen Stellen aufgerüstet worden war. Dadurch qualifizierte sich das Gerät zwar nicht für Windows 11, jedoch für moderne Linux-Distributionen. Da der berufstätige Rentner zudem keine Adobe-Software wie Photoshop benötigte, empfahl ihm das Werkstatt-Team Kubuntu 24.04 LTS. Schließlich erleichtert diese Ubuntu-Variante langjährigen Microsoft-Kunden den Umstieg auf Debian-Derivate.
Allerdings zählt KDE Plasma 5 zu den ressourcenintensivsten Benutzeroberflächen. Diese Desktop-Umgebung erfordert einen Dual-Core-Prozessor mit 2 GHz, während der AMD E2-7110 jedoch nur 1,8 GHz liefert - dafür aber mit vier Kernen arbeitet. Zudem stellt AMD für diese APU im Linux-Kernel ausgezeichnete Originaltreiber bereit, sodass der Laptop des Silverworkers die Systemanforderungen des gewählten Betriebssystems während des gesamten fünfjährigen Lebenszyklus erfüllen sollte.
Nachdem die Einsatzbereiche geklärt und das Betriebssystem sorgfältig ausgewählt worden waren, begann die Installation. Ein PC-Techniker steckte einen vorbereiteten Kubuntu-Setup-Stick in einen der USB-2.0-Anschlüsse und drückte den Startknopf des betagten TPN-C126. Das EFI des Notebooks startete den Installationsassistenten sofort - eine Änderung der Bootreihenfolge war nicht erforderlich.
Mit geübtem Blick wählte der Werkstattmitarbeiter den normalen Installationsmodus aus. Außerdem konfigurierte er, dass alle verfügbaren Update-Pakete direkt heruntergeladen und entpackt werden sollten. Die Option zur Installation von Drittanbietersoftware ließ der IT-Fachmann bewusst unberührt, da diese bei Bedarf jederzeit nachinstalliert werden konnte.
Als nächster Schritt stand der Ersatz von Windows 7 Professional durch Kubuntu 24.04 LTS an. Da das Microsoft-Betriebssystem, wie bereits erwähnt, mittlerweile stark veraltet ist und keine Adobe-Software benötigt wird, ergab ein Dual-Boot-System für den Rentner keinen Sinn. Daher wählte der PC-Profi die Option „Festplatte löschen“ aus, um den gesamten Systemdatenträger für die Linux-Distribution mit einem Ext4-Dateisystem freizugeben.
Ubuntu komplett verschlüsseln
Zusätzlich aktivierte der Linux-Experte im Reiter „Partitionen“ die Systemverschlüsselung, indem er ein Häkchen setzte und den Freiberufler ein persönliches Passwort festlegen ließ. Der Installationsassistent zeigte daraufhin an, dass Kubuntu mit der LUKS2-Verschlüsselung gesichert wird.
Diese Maßnahme ist aus zweierlei Gründen sinnvoll: Zum einen startet das Betriebssystem ohne die Eingabe des Passworts nicht und zum anderen wird ein Diebstahl des Geräts nutzlos, da die abgeriegelte Festplatte auch nach dem Ausbau nicht ausgelesen werden kann.
Wer den Datenträger aus dem Gerät ausbaut und auszulesen versucht, bekommt nur Datensalat zu sehen. Nach einhelligem Verständnis ist diese Art der Nutzung verschlüsselter Laufwerke unter Linux heute die mit Abstand sicherste Variante.
Loschwitz, Martin: Weggesperrt. Datenträger unter Linux effektiv verschlüsseln. In: LinuxUser Nr. 2 (2022). S. 82.
Beim ersten Hochfahren des frisch eingerichteten Linux-Laptops vernahm jeder im Raum das laute Surren der Lüfter, die mit beachtlicher Geschwindigkeit rotierten. Auch nach einigen Minuten änderte sich dieser Zustand kaum.
- Der 69-jährige Herr fragte daraufhin, wie er das Leistungsprofil anpassen könne. Schließlich bot ihm sein vertrautes Windows 7 Professional die Möglichkeit, zwischen den Modi „Hochleistung“, „Ausgeglichen“ und „Energiesparen“ zu wählen.
Wie allgemein bekannt, sind mobile Computer primär für Microsoft-Betriebssysteme konzipiert, weshalb solche Einstellungen nur dort einen nennenswerten Effekt erzielen.
Die Hardwarehersteller entwickeln für den Windows-Massenmarkt. Und für Windows arbeiten Hersteller und Microsoft eng zusammen, um detaillierte Stromsparmechanismen via ACPI zu erzielen.
Apfelböck, Herrmann: Linux-Umstieg: Fragen & Antworten. In: PC Welt plus Nr. 10 (2024). S. 18.
Allerdings können Linux-Anwender positiv auf die Akkulaufzeit einwirken, indem sie die TLP-Bibliothek installieren:
sudo apt install tlp
Das vielseitige Kommandozeilen-Tool läuft unauffällig im Hintergrund und ermöglicht es, die Betriebsdauer eines Notebooks ohne spezielle Konfiguration um beachtliche 50 bis 80 Minuten zu verlängern. Das Lüfter-Problem wird durch TLP allerdings standardmäßig nicht behoben.
Unter Kubuntu 24.04 LTS tendiert der AMD E2-7110 dazu, auf jedem Kern konstant mit 1646,7 MHz zu takten, was die APU aufheizt und eine stärkere Kühlung erfordert. Um dieses Verhalten zu ändern, lässt sich der Prozessor in das Energiesparprofil versetzen, was durch folgenden Befehl geschieht:
sudo cpupower frequency-set -g powersave
Dank dieser Anpassung taktet der Vierkerner bis zum nächsten Neustart nur noch mit 998,00 MHz - mehr als ausreichend für das Surfen und gängige Büroanwendungen, während die Lüftergeschwindigkeit hörbar abnimmt.
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¹Vahldiek, Axel: Die Lunte brennt. Das letzte Support-Jahr für Windows 10: Auswirkungen und Auswege. In: c’t Nr. 22 (2024). S. 19.
²Vetter, Veronika Helga: Ubuntu: Auf NAS zugreifen - Netzlaufwerke automatisch einbinden. pinguin.gws2.de (11/2024).