Im Jahre 2021 wurden in Deutschland 20,4 Millionen¹ neue Smartphones verkauft, wobei auf 69% ein Android-Betriebssystem² aufgespielt war. Eigentlich sollte die beliebte Google-Plattform hervorragend mit Ubuntu zusammenarbeiten, da beide Software-Umgebungen auf dem Linux-Kernel basieren. Die bisherige Beziehungsgeschichte der Halbgeschwister lässt sich jedoch bestenfalls mit der Phrase „es ist kompliziert” beschreiben. Als am 26. August 2016³ die ausgereifte Vollversion von KDE Connect veröffentlicht wurde, schien die Sache eigentlich in trockenen Tüchern. Endlich gab es ein Programm, welches den kabellosen Datenaustausch zwischen Mobilgeräten und Debian-Derivaten unkompliziert ermöglichte. Aufgrund des Umstandes, dass ungefähr zur selben Zeit der Unity-Desktop⁴ zur Disposition stand, fehlte Ubuntu aber das Gegenstück zur Handy-App. Erst als mit Version 17.04 die Gnome-Oberfläche ihre umstrittene Vorgängerin endgültig verdrängt hatte, brachte die Entwicklergruppe WebUpd8 ein inoffizielles Werkzeug⁵ heraus, das eine WLAN-Brücke zu KDE Connect schlagen konnte.
Wie viele Linux-Freunde dachten auch wir⁶ damals: „Fall erledigt, der Kas is bissn.” Doch nach bereits einem Jahr hatte die funktionelle PC-Schnittstelle ihr Haltbarkeitsdatum überschritten. Schließlich gab es mittlerweile für Ubuntu 18.04 LTS⁷ eine offizielle Gnome-Erweiterung⁸ namens GSConnect. Aufgrund der umständlichen Installationsroutine, die unter anderem von der Desktop-Version abhängt und ein Firefox-Plugin erfordert, galt dieses Datenaustauschprogramm von Beginn an als ziemlich unbeliebt.
Die Gnome-Erweiterung GSConnect ist derzeit (Stand Mai 2020) in keinem funktionsfähigen Zustand unter Ubuntu 20.04, da sie noch auf alten Python-2.7-Bibliotheken beruht.
Wolski, David: Android: KDE Connect für andere Desktops. In: Linux Welt XXL Nr. 1 (2021). S. 100.
So wichen zahlreiche Linux-Nutzer auf die Desktop-Version von Telegram oder auf WhatsApp Web aus, um Fotos kabellos von ihrem Handy herunterzuladen. Durch diesen Umstand bemerkten auch nur wenige, dass GSConnect unter Ubuntu 22.04 LTS zeitweise überhaupt nicht funktionierte, da Canonical den Firefox-Browser in einen abgeschotteten Snap-Container verbannt hatte.
Jeder wusste sich irgendwie zu helfen, wodurch es gänzlich unterging, dass das originale KDE Connect aus der Ubuntu-Variante Kubuntu zwischenzeitlich mit anderen Desktop-Umgebungen zusammenarbeitet. Und das Beste: Für die Installation der Open-Source-Freeware⁹ ist weder das Hinzufügen eines Privatarchivs noch ein Plugin vonnöten. Es genügt die Eingabe des folgenden Terminal-Befehls, ehe sich das renommierte Smartphone-Verbindungsprogramm ausführen lässt:
sudo apt-get update && sudo apt-get install kdeconnect
Einziger Kompromiss: Die Applikation belegt bis zu 160 Megabyte im Wurzelverzeichnis, da sie zur Entfaltung diverse Qt-Bibliotheken benötigt, die während des Integrationsprozesses automatisch eingerichtet werden.
Nachdem KDE Connect unter Ubuntu erfolgreich installiert wurde, ist es nötig, das Smartphone ebenfalls mit der gleichnamigen Freeware auszustatten. Die Handy-App befindet sich im Google-Play-Store und funktioniert ab Android-Version 5.0.
Um nun eine drahtlose Verbindung aufzubauen, muss das Programm sowohl auf dem Mobiltelefon wie auch auf dem Computer geöffnet sein. Sollten sich die Teilnehmer nicht auf Anhieb finden, gilt es diverse Störfaktoren auszuschließen.
Was braucht KDE Connect?
So ist es für die kabellose Kommunikation unabdinglich, dass beide Geräte im selben WLAN eingewählt sind. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob sich der Androide und das Ubuntu-System im Heimnetzwerk oder im Hotspot von McDonald’s befinden.
- Wer außer Haus eine Desktop Firewall auf seinem Notebook verwendet, der muss den Port-Bereich zwischen 1714 und 1764 für TCP sowie UDP¹⁰ öffnen.
Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, tauschen die Apparaturen automatisch ihre Metadaten aus und erscheinen anschließend mit ihrem Namen in der Verbindungssoftware.
In diesem Leerlaufzustand rufen sich die Netzwerkteilnehmer gelegentlich die folgenden Worte zu: „Hallo, ich wäre hier!” Damit ein tiefgründigerer Dialog stattfinden kann, muss der Benutzer auf seinem Handy den Ubuntu-PC antippen und eine Kopplung anfordern.
Kurz darauf ploppt auf dem Gnome-Desktop ein Menüfenster auf, mithilfe dessen sich eine verschlüsselte WLAN-Verbindung zwischen Smartphone und Computer herstellen lässt. Dabei setzt KDE Connect das äußerst sichere SFTP-Dateiübertragungsprotokoll ein, um sogenannte Man-in-the-Middle-Angriffe zu verhindern.
Fotos kabellos herunterladen
Sobald die Endgeräte miteinander verkuppelt sind, kann der Datenaustausch in beide Richtungen beginnen. Die allermeisten Anwender möchten vermutlich Bilder und Videos auf ihren Ubuntu-Rechner übertragen. Dies geht am schnellsten über den Handy-Auswahlpunkt „Dateien senden”. Hierbei werden nämlich die auf der SD-Karte gespeicherten Multimediadateien angezeigt, welche sich per Antippen an den PC schicken lassen.
Linux-Systeme legen die eingehenden Datenpakete im Download-Ordner des Heimverzeichnisses ab. Die Übertragungsrate pendelt zwischen 33 und 50 Mbit/s, wodurch selbst voluminöse Filmdateien zügig im neuen Speicherort ankommen. Dabei werden die ausgewählten Dokumente nur kopiert und bleiben im Original auf dem Smartphone erhalten.
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¹Brand, Robin: Fairphone verkaufte 2021 knapp 88.000 Smartphones. In: c’t Nr. 16 (2022). S. 53.
²Link, Michael: Android: Zahlen, Daten, Fakten. In: c’t Nr. 8 (2022). S. 81.
³Vaca, Albert: KDE Connect 1.0 is here! albertvaka.wordpress.com (03/2023).
⁴Bauduin, Sven: Ubuntu Unity 22.04.1 LTS: Derivat erhält ersten „neuen“ alten Desktop seit 6 Jahren. computerbase.de (03/2023).
⁵WebUpd8-Team: Indicator KDE Connect. launchpad.net (03/2023).
⁶Vetter, Veronika Helga: Ubuntu: Fotos kabellos von Android auf PC übertragen. pinguin.gws2.de (03/2023).
⁷Wolski, David: Smartphones: KDE Connect für Gnome. In: Linux Welt XXL Nr. 1 (2020). S. 106.
⁸dlandau: GSConnect. gnome.org (03/2023).
⁹Schüßler, Jan: Offen verbunden. In: c’t Nr. 18 (2021). S. 81.
¹⁰Thommes, Ferdinand: Brückenschlag. KDE Connect schlägt eine Brücke zwischen Mobilgeräten und dem KDE Desktop, über die sich Benachrichtigungen, Dateien und URLs austauschen lassen. In: Linux User Nr. 12 (2016). S. 26.